Eine Revolution, die aussieht wie ein freundliches Happening, ein bisschen jung und bunt wie die Love-Parade, ein bisschen friedenserfüllt wie Woodstock, politisch engagiert wie die Castor-Proteste, kann nur gewinnen. Zumindest im Osten Europas, wo die Panzer nicht mehr gegen Demonstranten rollen könnten ohne unabsehbar lang anhaltenden politischen Schaden für das unterdrückende Regime. Das wissen auch die Organisatoren der orangefarbenen Revolution von Kiew. Ihr wohl vorbereiteter Protest, multipliziert durch die Medien, ist zum Selbstläufer geworden.

Nach "Otpor" ("Widerstand") in Serbien und "Kmara" ("Genug") in Georgien ist jetzt die Reihe an "Pora" ("Es ist Zeit"), dem ukrainischen Franchise der von Studenten angetriebenen Revolutionen in Osteuropa. "Pora"-Vertreter stellen in Abrede, dass sie Geldmittel aus dem Ausland bezogen haben, was - wie sie zu Recht feststellen - nur ihrer Glaubwürdigkeit schaden würde; die US-Regierung führt die Studentenorganisation nicht auf ihren Förderlisten, auch wenn sie sonst in den vergangenen Jahren nach eigenen Angaben knapp elf Millionen Euro für den Aufbau der Zivilgesellschaft in der Ukraine ausgegeben hat.

Hinter der freundlichen Kulisse der Revolution in Orange, der Farbe des Oppositionslagers, steht gleichwohl das Kalkül der Politiker Juschtschenko und Timoschenko. "Aggression auf Filzlatschen" nannte ein DDR-Minister einmal die freundlich umarmende Neue Ostpolitik der westdeutschen Regierung in den 60er- und 70er-Jahren. Die DDR hat sie am Ende nicht überlebt. Die Ukraine will ihre Krise durch Neuwahlen überstehen. Doch alles an dieser Wahl ist noch offen: Wird der Termin am Ende zu spät sein und die Kräfte der Opposition erschöpfen? Wird der Staatsapparat überhaupt saubere Wahlen garantieren können? Und wird schließlich der russische Osten des Landes einen Sieg Viktor Juschtschenkos akzeptieren? (DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2004)