Ivica Osim lebt in Zukunft wieder Österreich.

Tokio - Mit Ivan "Ivica" Osim kehrt eine Fußball-Trainerlegende nach knapp zwei Jahren in Japan nach Österreich zurück. Zwar unterbreitete JEF United dem ehemaligen Sturm-Betreuer einen unterschriftsreifen Vertrag für ein weiteres Jahr, der Bosnier wird aber auf eine Verlängerung des mit Jahresende auslaufenden Kontraktes verzichten und wieder in sein Haus in Graz ziehen.

Ein geruhsames Pensionisten-Dasein in der Steiermark kommt für den mittlerweile 63-Jährigen jedoch nicht in Frage. "Ich kann mir durchaus vorstellen, wieder in der österreichischen Bundesliga zu arbeiten, will mich aber keinem Verein andienen", erklärte der Erfolgscoach, der nach eigenen Angaben noch von keinem ÖFB-Oberhaus-Klub kontaktiert wurde. Trotz der großen Erfolge in seiner langen Trainerlaufbahn ist noch keine Sättigung eingetreten. "Ich bin nie zufrieden, denn wenn man zufrieden ist, muss man aufhören."

Kein Gedanke an Teamchef-Posten

An Spekulationen, er könnte Hans Krankl als ÖFB-Teamchef nachfolgen, will sich Osim erst gar nicht beteiligen. "Es wäre nicht korrekt, dazu etwas zu sagen. Ich habe großen Respekt vor Hans, er hat die gleichen Probleme, die jeder andere österreichische Teamchef auch hätte", sagte der frühere jugoslawische Nationalcoach und präzisierte: "Alle reden davon, eine junge Mannschaft aufzubauen, aber das geht nicht, weil Fans und Medien positive Resultate sehen wollen. Das Nationalteam ist von Staatsinteresse, da kann man es sich nicht leisten, nur auf junge Spieler zu setzen."

Mehr Unterstützung für Krankl wäre laut Osim wünschenswert. "Ich würde gerne einen Präsidenten sehen, der sagt, wir lassen nur die Jungen spielen, auch wenn es dann vorerst nicht gut läuft. Es ist aber nicht realistisch, dass ein Teamchef solchen Kredit hat."

Große Erfolge in Japan

Kredit hat sich Osim nicht nur in Österreich durch die Erfolge mit Sturm (zwei Mal Meister, drei Mal Cupsieger, drei Mal Qualifikation für die Champions League), sondern auch in Japan erworben. Im Land der aufgehenden Sonne führte er den krassen Außenseiter JEF United in der am vergangenen Sonntag beendeten zweiten Saisonhälfte auf Platz zwei. "Von allen Klubs ist das der Verein mit dem geringsten Budget. Aber trotzdem haben wir Spieler, die Großartiges geleistet haben", sagte Osim, dessen baldiger Ex-Klub über das kleinste Stadion (Fassungsvermögen 12.000) verfügt und daher in den Spitzenspielen oft ins rund 60 Kilometer entfernte Tokio ausweichen musste.

Einen direkten Vergleich zwischen japanischem und österreichischem Fußball wollte Osim nicht ziehen. "Nur so viel: Japan ist in der Weltrangliste 18., das sagt alles." Der japanische Fußball hole im Vergleich zu Europa immer mehr auf und ist sogar auf gutem Weg, Baseball als Nationalsport Nummer eins abzulösen. "Es wird sehr professionell gearbeitet. Ausschreitungen gibt es überhaupt keine, und die Zuschauerzahlen steigen ständig. Die Top-Klubs haben einen Schnitt von rund 50.000 Besuchern", erzählte der Trainer.

"Leute waren sehr hilfreich"

Sein Aufenthalt in Japan wird ihm in mehrerer Hinsicht in Erinnerung bleiben. "Die Leute hier waren sehr hilfreich und nett zu mir." Den positiven zwischenmenschlichen Erfahrungen stehen aber auch einige bange Momente gegenüber. "Rund 50 Erdbeben habe ich miterlebt, davon sieben stärkere", so Osim, der zuletzt knapp außerhalb von Tokio wohnte. "50 Meter von meinem Haus entfernt war das Disneyland, leider bin ich nie dazukommen, auch hinzugehen." Die Fußball-Leidenschaft gewann immer die Oberhand, denn Osim ließ es sich nicht nehmen, praktisch täglich Spiele aus der ganzen Welt dank vieler Satelliten-Kanäle stundenlang vor dem Fernseher zu analysieren.(APA)