Wien - Die Regierung wird im kommenden Jahr einen neuen Anlauf zur Änderung des Eisenbahnerdienstrechts unternehmen. Dies kündigte der zuständige Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka (V) am Mittwoch in einer Pressekonferenz an.

Dabei geht es laut Kukacka darum, dass Eisenbahner künftig - auch ohne ihre Einwilligung - zu gleichen Konditionen an andere Unternehmen verleast werden sollen. Damit sollten Frühpensionierungen vermieden werden.

Einsparungsbedarf von 12.000 Mitarbeitern

Der im Vorjahr errechnete Einsparungsbedarf von 12.000 Mitarbeitern (gegenüber dem Stand 2003) habe sich einer neuen Analyse bestätigt. Der Mitarbeiterstand der ÖBB solle demnach bis 2010 auf 35.500 Eisenbahnern reduziert werden, so der Staatssekretär.

Das ÖBB-Management hat unterdessen die Aufteilung der derzeit noch 45.483 Mitarbeiter (Stand 1.11.2004) auf die neuen Teilgesellschaften abgeschlossen. Die größte Gesellschaft wird demnach die ÖBB Infrastruktur Betriebs AG mit mehr als 19.000 Mitarbeitern.

Die neue ÖBB-Holding wird 76 Mitarbeiter beschäftigen und soll laut Kukacka "weitgehend frei von operativen Aufgaben sein". Die komplette "ÖBB-Neu" mit insgesamt zehn Teilgesellschaften soll mit Jahreswechsel aktiv werden.

Die aktuellen Überkapazitäten in der neuen ÖBB beziffert Kukacka mit 920 Mitarbeitern, 320 davon sind schon jetzt dienstfreigestellt worden.

Vorstand soll Strategiekonzept erarbeiten

Wie die Überkapazitäten bei den ÖBB konkret abgebaut werden sollen, das soll der Vorstand laut Kukacka in einem neuen Strategiekonzept festlegen. Die ÖBB-Führung will das fertige Papier voraussichtlich im ersten Quartal nächsten Jahres präsentiert. Die Regierung werde den Vorstand "mit rechtlichen Begleitmaßnahmen unterstützen", so Kukacka weiter.

Neben dem natürlichen Abgang von 1.000 bis 2.000 Mitarbeitern pro Jahr plant das Management dabei unter anderem Umschulungsprogramme in Form einer Arbeitsstiftung, die auch vom Arbeitsmarktservice (AMS) gefördert werden soll, Abfertigungsmodelle, Outsourcing etwa des Reinigungsbereichs, Austöchterungen und umgekehrt Insourcing von Leistungen die bisher zugekauft werden, die die ÖBB aber billiger selbst machen könnten.

Keine Wettbewerbsverzerrung

Darüber hinaus hatte ÖBB-Chef Martin Huber zuletzt auch angekündigt, künftig mit seinem ÖBB-Infrastrukturpersonal ins Baugeschäft einsteigen zu wollen. Das will Kukacka aber nur zulassen, wenn die ÖBB für dieses Personal dann auch in der Baubranche "übliche und kollektivvertraglich festgelegte Löhne" bezahlen. Ansonsten würde eine Wettbewerbsverzerrung entstehen, betonte der Staatssekretär.

ÖBB-Chef Huber hatte außerdem trotz heftiger Proteste aus der Politik zuletzt Frühpensionierungen weiterhin nicht ausgeschlossen. Kukacka räumte am Mittwoch ein, dass dem Vorstand zur Personalsteuerung nur Frühpensionierungen zur Verfügung stünden. Durch eine Gesetzesänderung wolle die Regierung daher die Möglichkeit zur "Überlassung" der Mitarbeiter an Dritte ermöglichen.

Änderung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetz

Laut Arbeitsrechtexperten Wolfgang Mazal geht es konkret um eine Änderung im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. Demnach sollten "Mitarbeiter mit unkündbarem Dienstvertrag auch dann irgendwo weiter beschäftigt werden können, wenn die ÖBB für sie keine Arbeit mehr haben". Obwohl es dabei zu keiner Schlechterstellung des betroffenen komme, sei dies derzeit nur mit Zustimmung des Betroffenen möglich. Das solle geändert werden, sagt Mazal.

Weil damit allerdings in die privatrechtlichen Einzelverträge der Eisenbahner eingegriffen würde, wäre diese nur durch mit einer Verfassungsmehrheit möglich. Die Regierung wird also die Zustimmung der Opposition benötigen - und die ist äußert unwahrscheinlich, nachdem die Gewerkschaft einen Gesetzeseingriff schon im Vorjahr mit einem unbefristeten Streik verhindert hatte. Kukacka will aber jetzt einmal neue Gespräche zwischen dem ÖBB-Vorstand und der Gewerkschaft abwarten. (APA)