Paris - Die Pariser Nationalversammlung hat eine Neuregelung der Sterbehilfe in Frankreich verabschiedet, die ein "Recht zum Sterbenlassen" festschreibt. Bei der Abstimmung am Dienstagnachmittag zeigten sich die Abgeordneten überwiegend einmütig: Es gab 548 Jastimmen und drei Enthaltungen.

Aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen, bleibt demnach in Frankreich verboten. Entscheidungen zur passiven Sterbehilfe können dagegen nach Beratungen mit den Angehörigen von mindestens zwei Ärzten demnächst gemeinsam getroffen werden. Todkranke Patienten können zudem schmerzlindernde Mittel erhalten, selbst wenn diese gleichzeitig den Todeskampf verkürzen.

Große Einigkeit

Bereits in der Parlamentsdebatte hatte sich quer durch alle Fraktionen große Einigkeit über den Text abgezeichnet. Während mehrere Abgeordnete darin allerdings nur die erste von mehreren künftigen Regelungen zur Sterbehilfe sahen, bezeichnete Familienpolitikerin Christine Boutin von der Mehrheitspartei UMP das Gesetz als Schlusspunkt.

Dramatischer Fall des jungen Vincent Humbert

Die Debatte war vor einem Jahr durch den dramatischen Fall des jungen Vincent Humbert entfacht worden, der in einem Aufsehen erregenden Brief von Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac das Recht zum Sterben erbeten hatte.

Seine Mutter, Marie Humbert, hatte dem nach einem Verkehrsunfall querschnittgelähmten, stummen und fast blinden 22-Jährigen schließlich starke Narkosemittel verabreicht. Als der zuständige Chefarzt Frederic Chaussoy daraufhin die lebenserhaltenden Geräte ausschaltete, trat der Tod ein.

Gegen Chaussoy und Marie Humbert laufen Ermittlungsverfahren. Beide hoffen nun auf Einstellung dieser Verfahren. Rund 130.000 Franzosen unterzeichneten eine Petition für ein "Vincent-Humbert-Gesetz", das über den nun verabschiedeten Text hinausgehen und auch aktive Sterbehilfe erlauben sollte. (AFP, DER STANDARD Printausgabe 2.12.2004)