Wien - Ernährungstricks von symbiontischen Bakterien - so genannte Umwelt-Chlamydien, die in Amöben leben - haben Wissenschafter der Mikrobiellen Ökologie der Universität Wien unter der Leitung von Michael Wagner gemeinsam mit Kollegen aus Kaiserslautern (Deutschland) aufgeklärt. Enge Verwandte der Mikroben sind auch als krankmachende Keime des Menschen bekannt, daher könnte die Entdeckung auch höchst interessante Ansätze für neue Medikamente liefern. Die Studien wurden in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht.

Die Chlamydien, welche die Forscher untersuchten, leben ständig innerhalb von Amöbenzellen. Im Gegensatz zu krankmachenden Keimen schädigen sie ihren Wirt nicht sichtbar, daher ist auch noch nicht schlüssig geklärt, ob es sich nun um Parasiten oder Symbionten handelt. "Wir benutzen Amöben und Bakterien als Modellsysteme, um einerseits ihr Zusammenleben zu studieren, andererseits soll auch geklärt werden, wie sich Bakterien zu Krankheitserregern entwickelten", sagte Matthias Horn von der Mikrobiellen Ökologie.

Stoffwechsel läuft mit gestohlenen Molekülen

Wie die Wissenschafter herausfanden, verzichten die Bakterien in den Amöben teilweise auf die Aufnahme von Nahrung, die dann erst mühsam in Energie (ATP) umgewandelt werden müsste. Statt dessen stehlen sie ihren Wirten direkt die vom Wirten produzierten, energiereichen ATP-Moleküle und betreiben damit ihren Stoffwechsel. Die eigentliche Forschungsleistung der Biologen war die Entdeckung eines bestimmten Eiweißstoffes, der den Transport des so genannten "universellen Enzym-Kofaktors - NAD" durch die Hülle der Bakterien ermöglicht. "Bisher galt es als Paradigma, dass NAD nicht über die Membran transportiert werden kann", so Horn.

Über den gleichen Weg, ebenfalls mit Hilfe eines speziellen Transporters, versorgen sich die Bakterien mit den Grundbausteinen der Erbsubstanz (DNA). Da sie die so genannten Nukleotide nicht selbst synthetisieren können, bedienen sie sich an denen der Amöbe.

Verbreitung des Mechanismus zu klären

Was den Mechanismus für die Medizin interessant machen könnte, ist die Tatsache, dass die Transportproteine lediglich in den Bakterien, nicht aber in den Wirtszellen vorkommen. So könnte man möglicherweise über eine Blockade dieser Proteine die Bakterien aushungern, ohne die Wirte zu schädigen. Jetzt geht es darum zu klären, wie weit verbreitet der Mechanismus im Bakterienreich ist und ob die krankmachenden Keime ebenso funktionieren. (APA)