Foto: Konzerthaus/Roland Paulitsch

Das Restaurant im Wiener Konzerthaus probiert es also wieder einmal: Nach dem "Ma'estro" jetzt als "Weinzirl", diesmal zur Abwechslung aber mit einem gastronomischen Konzept, wie es in einem Theater-Restaurant echten Sinn macht

Pech hatten Bernadette und Hermann Weinzirl insofern, als ihr Pachtvertrag im Restaurant "L'Artiste" im Wiener Ronacher vor Kurzem nach elf Jahren auslief. Glück hatten sie aber auch, weil mehr oder weniger zur gleichen Zeit das Wiener Konzerthaus nach einer neuen Gastronomie suchte: Der Wiener Traditions-Caterer Gerstner hatte im Konzerthaus seit eh und je das Buffet und seit 2001 ebenfalls das Restaurant "Ma'estro" betrieben, in dem der junge Joachim Gradwohl (seit einem guten Jahr gefeierter Küchenchef im Meinl am Graben) ein ambitioniertes und umfangreiches Menükonzept durchzog. Und nachdem das "Ma'estro" nicht gerade zu den frequentiertesten Restaurants Wiens zählte, durchaus einfacher gestrickte Lokale in der Umgebung des Konzerthauses von dessen Publikum aber äußerst gut besucht wurden, gelangte man in der Direktion zur Einsicht, dass das Konzept vielleicht den Bedürfnissen angepasst werden könnte.

Und da schienen die Weinzirls, die neben dem Restaurant im Ronacher außerdem noch das "Cantino" im Haus der Musik führen und dort mit einem Tapas-Programm recht erfolgreich sind, eine gute Wahl. Seit Anfang November leiten die Weinzirls neben dem Buffet nun auch das Restaurant, das der Einfachheit halber "Weinzirl" genannt wurde. Einfach, schnell, unkompliziert und trotzdem gut, das waren die Ansprüche, weshalb die Weinzirls also zu Meister Joël Robuchon in dessen neues Atelier-Restaurant nach Paris pilgerten, um sich inspirieren zu lassen. Dort sahen sie, wie's geht, und importierten zumindest die Idee der roten Wassergläser sowie das Grundkonzept, ein Sortiment von Kleingerichten – die man unglücklicherweise "Schmankerln" nannte – zügig zu servieren. Der thematische Hintergrund ist die österreichische Küche, sonst ähnelt das Konzept hinsichtlich Portionsgröße den Tapas im "Cantino" – was für das Restaurant eines Konzerthauses, dessen Veranstaltungen so gegen halb zehn enden, eine bessere Lösung erscheint als der opulente Siebengänger.

Man kann die "Schmankerln" à la carte bestellen oder – jedoch ohne Einfluss auf die Auswahl – ein "Schmankerlmenü" kommen lassen; der Räucherlachs mit Crème fraîche und Dillgurken war brav (€ 3,50), das Karpfensülzchen in seiner grundsätzlichen Rustikalität sehr fein gemacht, leider aber viel zu kalt serviert (€ 3), die Schwammerlterrine mit Rosmarinöl keine Sensation, aber gut (€ 3), der milde Ziegenfrischkäse mit Zucchini und Himbeeressig wirklich recht mild, als Salat aber durchaus erfreulich (€ 3). Wo Küchenchef Florian Ortner ein wenig unsicher wirkt, sind die warmen Fisch-"Schmankerln", der interessante Saibling vom Grill mit Paprikamarmelade hatte ein wenig viel Grill abbekommen (€ 4,20), und an der gedämpften Lachsforelle im Salatblatt muss noch ein wenig gearbeitet werden, die macht einstweilen noch nicht besonders viel her (€ 4,20). Anders als das Salonbeuschl mit Laugenbrotknöderl, das wirklich außerordentlich gut gelang (€ 4,50), ein recht braves Backhendl-Beinchen mit Kürbiskernpanade und perfektem Erdäpfelsalat (€ 4,80), ein wunderbar mürbes Kalbswangerl mit einer Sauce, die man wirklich ernst nehmen kann (€ 4,80), oder eine überbackene Kohlrabi-Palatschinke mit Estragon, das Highlight des Angebotes (€ 4,20).

Klar, Robuchon ist das nicht, aber Wien ist halt leider auch nicht Paris. Und dass diese Idee der köstlichen Kleingerichte Zukunft hat, dürfte selbst in konservativen Kreisen unbestritten sein. (DERSTANDARD/rondo/Florian Holzer/03/12/04)