Kiew - Im Streit um die Präsidentenwahl in der Ukraine beharrt Oppositionsführer Viktor Juschtschenko weiter auf eine Wiederholung der Stichwahl. "Die Staatsmacht hat die Wahl gefälscht. Dadurch konnten die Menschen im zweiten Wahlgang nicht frei ihren Willen äußern", betonte Juschtschenko vor mehreren zehntausend Anhängern am Mittwochabend in Kiew. Zugleich rief er zu anhaltenden Demonstrationen auf.

"Unsere Reihen dürfen sich nicht lichten", erklärte Juschtschenko. "Wir dürfen uns nicht zurückziehen, bis ein Datum für eine Wiederholung der Wahl festgesetzt ist. Die nächsten ein bis zwei Tage werden eine Lösung des Konflikts bringen."

Juschtschenko nur für Stichwahlwiederholung

Juschtschenko forderte erneut, lediglich die Stichwahl um das Präsidentenamt zu wiederholen und nannte den 19. Dezember als mögliches Datum. Den Vorschlag des Regierungslagers, die ganze Wahl noch einmal abzuhalten, lehnt er ab.

Der amtierende Präsident Leonid Kutschma hatte sich zuvor für eine Wiederholung der gesamten Präsidentenwahl ausgesprochen. Nach einer Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition soll jetzt zunächst ein Urteil des Obersten Gerichts über die Rechtmäßigkeit der Wahl abgewartet werden.

Unter internationaler Vermittlung hatten die Konfliktparteien den Kompromiss unterzeichnet. Die Kontrahenten in der umstrittenen Stichwahl, Ministerpräsident Viktor Janukowitsch und Oppositionsführer Juschtschenko, gaben sich vor laufender Kamera die Hand.

Zu einer möglichen Wahlwiederholung machte Kutschma, der an dem Gespräch teilgenommen hatte, keine Angaben. Vor dem Treffen hatte der Präsident eine Wiederholung der Stichwahl ausgeschlossen. "Wo auf der Welt gibt es einen dritten Wahlgang? Eine Wiederholung wäre eine Farce", sagte er. Stattdessen sollte die gesamte Präsidentenwahl wiederholt werden.

EU unterstützt Opposition

Der EU-Beauftragte für Außenpolitik, Javier Solana, drang auf eine möglichst rasche Wahlwiederholung. Er erwarte sie nicht mehr für dieses Jahr, aber vielleicht für Jänner 2005, sagte er in Kiew. Die EU rechne mit einer Neuauflage der Stichwahl, nicht mit einer komplett neuen Präsidentenwahl, sagten westliche Diplomaten.

Als Etappensieg setzte die Opposition am Mittwoch im Parlament ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Janukowitsch durch und verlangte dessen Absetzung. Für die Resolution stimmten 228 der nominell 450 Abgeordneten.

Janukowitsch habe keine Chance, eine Wiederholung der Stichwahl zu gewinnen, sagte dessen ehemaliger Wahlkampfleiter Sergej Tigipko einer Kiewer Zeitung. Juschtschenko kämpfe "in einer anderen Gewichtsklasse". Der frühere Wirtschaftsminister und Nationalbankpräsident Tigipko gilt als möglicher Bewerber bei einer Wiederholung der Präsidentenwahl. (APA/dpa/AP)