Ramallah/Washington - Ein israelisches Kabinettsmitglied hat eine Freilassung des inhaftierten Fatah-Politikers Marwan Barghuti vor der palästinensischen Präsidentschaftswahl am 9. Jänner ausgeschlossen. Der früheste Termin, zu dem Barghuti wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft entlassen werden könne, sei in "hundert Jahren", sagte der Minister ohne Geschäftsbereich Zahi Hanegbi von der Likud-partei am Donnerstag im israelischen Radio. Ähnlich bissig äußerte sich ein Mitarbeiter von Ministerpräsident Ariel Sharon: Der einzige Platz, von dem aus Barghuti sich am Wahlkampf beteiligen könne, sei der Gefängnishof.

Der 45-jährige Barghuti hatte seinen Verzicht auf eine Präsidentschaftskandidatur am Mittwoch kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist wieder rückgängig gemacht und sich über seine Frau Fadwa angemeldet. Seine Entscheidung stieß bei der Fatah-Bewegung auf scharfe Ablehnung. Die Fatah hat PLO-Chef Mahmud Abbas zu ihrem offiziellen Kandidaten Mahmud Abbas gekürt.

Der Fatah-Chef im Westjordanland Barghuti wurde als einer der Anführer der zweiten Intifada im Juni von einem israelischen Gericht wegen Anstiftung zu Terroranschlägen und mehrfachen Mordes zu fünfmal lebenslanger Haft verurteilt. Der charismatische Fatah-Führer ist in den Palästinensergebieten populärer als Abbas.

US-Außenminister Colin Powell bezeichnete Barghutis Kandidatur als "problematisch" angesichts der Tatsache, dass er in Israel als rechtskräftig Verurteilter in Haft sitzt. Andere Vertreter der US-Regierung wollten sich zu Barghutis überraschender Kehrtwende nicht äußern. Außenamtssprecher Adam Ereli betonte, für die US-Regierung sei Barghuti ein "Palästinenser, der in einem israelischen Gefängnis sitzt." An weiteren Spekulationen wolle sie sich nicht beteiligen. (APA)