Wien - Der per internationalem Haftbefehl gesuchte frühere Libro-Chef Andre Rettberg hat aus seinem Versteck ein Telefon-Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Format" gegeben. Darin wehrt er sich gegen den Vorwurf, seine Vermögensverhältnisse verschleiert und mehrere Millionen Euro vor den Gläubigern versteckt zu haben.

Das ist konstruierter Unsinn. Die Banken wollten keine Abschlagszahlung direkt von mir, sondern über einen Dritten, weil das im Insolvenzfall anfechtungssicher ist. Die Konstruktion um die Esposa wurde von hervorragenden Anwälten mit Wissen der Gläubiger errichtet und ist legal, sagt Rettberg im Interview. Seine wahren Vermögensverhältnisse seien "immer offen am Tisch" gelegen, "bloß haben sich einzelne Gläubiger gar nicht dafür interessiert".

"Habe mir nichts vorzuwerfen"

Rettberg wehrt sich auch dagegen, dass der Eindruck erweckt worden sei, es seien hunderte Kleinanleger geprellt worden. "In Wirklichkeit geht es bei diesem Haftbefehl ausschließlich darum, ob zwei Großbanken bei einem stillen Ausgleich eine zu geringe Quote angeboten worden ist oder nicht. In der Frage der Kleinanleger habe es nie einen Haftbefehl gegeben. "Ich habe mir in diesem Punkt nichts vorzuwerfen".

Rettberg betont dass er gerne nach Österreich zurückkommen wolle. Er lebe derzeit unter einfachsten Verhältnissen und habe "kaum finanzielle Mittel zur Verfügung. Er bekommen Zuwendungen, aber "wir reden von einigen Euro pro Tag. Seine Möglichkeiten, sich über die Ereignisse in Österreich zu informiere, seien sehr Lückenhaft. "Gelegentlich habe ich Zugang zum Internet, dann aktualisiere ich meinen Wissensstand".

Spektakuläre Insolvenz

Die Causa Rettberg ist eine Folge der drei Jahre zurückliegenden spektakulären Insolvenz der Papier- und Buchhandelskette Libro. Rettberg, für den weiter die Unschuldsvermutung gilt, wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, über einen "Gewinnschein" eine Gesamtsumme von 4,4 Mio. Euro in eine Beteiligungsgesellschaft VCH investiert haben. Der Gewinnschein wurde dann an die Wiener Exposa Liegenschaftsverwaltung Gmbh verpfändet. Sowohl die VCH-IMB-Gruppe als auch die Esposa stehen im Einflussbereich der Unternehmer und Rettberg-Vertrauten Friedrich Lind - ein ehemaliger Residenz-Manager - und August André de Roode. Im Zuge der Ermittlungen wurden kurzzeitig die beiden Rettberg-Änwälte, Gerhard Eckert und Michael Löb, für die ebenfalls die Unschuldsvermutung gilt, in Untersuchungshaft genommen und später vom dienst suspendiert.

Die Akte Rettberg liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft Wien. In den nächsten Tagen soll er an das Justizministerium weitergeleitet werden, das entscheidet ob und in welcher Form Anklage erhoben wird oder nicht.

Rettberg selbst glaubt nach wie vor an seine völlige Rehabilitierung und schreibt derzeit an einem Buch über Libro.(APA)