Wien - Es ist also geglückt: Wie gestern im Finanzausschuss des Nationalrats beschlossen, werden die Bundesinstitutionen ihre Bücher auch weiterhin bei unabhängigen Buchhändlern einkaufen. Der zentrale Bucheinkauf des Bundes über die BBG, die Bundesbeschaffungsgesellschaft, ist Vergangenheit, bevor er begonnen hat. Einstimmig haben die Parteien gestern einem Antrag der ÖVP zugestimmt, das Buch aus den Einkaufslisten der BBG zu streichen.

Ein großer Erfolg für die Sicherung der intakten Buchhandelsstruktur, überleben doch viele Buchhändler nur durch die Aufträge des Bundes. In letzter Minute besann sich die Regierung auf ihren Willen zur Sicherung der Klein- und Mittelbetriebe. Die Angelegenheit hat jedoch einen großen Makel: Die Streichung des Buchs aus den Agenden der BBG beginnt nicht sofort.

Am 1.1.2005 soll der zentrale Bucheinkauf, der seit Mittwoch Vergangenheit ist, wie geplant beginnen: Die‑ vor einem Jahr geschlossenen Verträge der BBG mit Morawa & Co über den zentralen Bucheinkauf sollen unverändert zur Ausführung kommen. Zwei Jahre lang.

Für die Bibliothekare bedeutet die kurzfristige Zentralisierung die Kündigung und Umstellung aller langfristig laufenden Verträge, aller Bestellungen – nur um in zwei Jahren erneut alles auf den eingespielten Status quo zurückzuführen. Ein organisatorischer Mehraufwand, dessen Kosten die zu erwartenden Einsparungen übertreffen könnten. Zumal viele Bücher – etwa bei Mehrfachexemplaren – bisher zu weit günstigeren Konditionen, und ganz legal, über den Verlag bezogen wurden, als Morawa als Zwischenhändler sie bieten kann.

Keine Gewinner

Nach Einschätzung zahlreicher Branchenkenner gibt es keinen Gewinner bei der gegenwärtigen Situation. Auch Morawa dürfte demnach, nicht nur moralisch, zu den Verlierern zählen. Müsste der Konzern doch eine komplexe Organisationsstruktur einrichten, nur um sie in zwei Jahren erneut abzubauen.

Für alle Beteiligten, so ein Insider, scheint mittlerweile – inzwischen wurde das Buchpreisbindungsgesetz bestätigt, die Gewinnspanne für Morawa, das Einsparungspotenzial für den Staat verringert – die Auflösung der Verträge als Optimallösung.

Die Frage stellt sich nur, wie? Die wohl einfachste Lösung wäre die schlichte Einigung von BBG und Morawa & Co, die geschlossenen Verträge angesichts der veränderten Grundsituation einvernehmlich zu lösen.

Eine weitere, kompliziertere Lösung bietet das laufende Verfahren, in welchem der Hauptverband des österreichischen Buchhandels (HV) Morawa wegen unlaute-‑ ren Wettbewerbs klagt. Am 14. Dezember ist der nächste Verhandlungstermin. Am heutigen Freitag tagt daher der Buchhändler-Verband, die Vertretung der Buchhändler im HV. Deren Vorsitzender, Erwin Riedesser, plädiert für eine Fortsetzung des Verfahrens – und für eine einstweilige Verfügung.

Eine solche einstweilige Verfügung verhindert die Umsetzung des Vertrags, solange der Streitfall nicht entschieden ist, sollte sich also das Verfahren verzögern. Und: Eine einstweilige Verfügung böte Morawa & Co einen glücklichen Vorwand, aus den lästigen Verträgen auszusteigen. (DER STANDARD, Printausgabe vom 3.12.2004)