Wien - Erhebliche "Lücken" im neuen Sozialbetrugsgesetz von Justizministerin Karin Miklautsch (FP) sieht die Arbeiterkammer (AK). Das Gesetz, das nächste Woche im Parlament beschlossen werden soll, wäre im Verlauf der Begutachtung derart entschärft worden, das es sich in der Praxis absehbarerweise als vollkommen "zahnlos" erweisen werde, kritisiert AK-Präsident Herbert Tumpel.

Im Kern sieht das Gesetz vor, dass das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen und organisierte Schwarzarbeit als neue Tatbestände in das Strafrecht aufgenommen werden und im Extremfall mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren geahndet werden. Die AK prophezeit, dass es dazu aber nie kommen werde.

"Zentraler Missstand"

Als "zentralen Missstand" sieht die AK, dass die Anmeldung von Beschäftigten nicht vor dem Arbeitsbeginn erfolgen muss, sondern bis zu 24 Stunden nach Arbeitsbeginn. Dazu komme, dass die Staatsanwalt nachweisen müsse, dass keine Löhne geflossen sein dürfen, damit die Nicht-abführung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Dienstgeber zu einem Straftatbestand werde. Und zu guter Letzt müsse auch noch bewiesen werden, dass der Dienstgeber von vornherein mit Betrugsabsicht gehandelt habe.

Gelinge dies alles, was laut Tumpel extrem unwahrscheinlich sei, bestehe im Falle des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung auch noch die Möglichkeit der "tätigen Reue" durch den Unternehmer. Bis zum Schluss der Verhandlung kann sich der Dienstgeber dabei durch Nachzahlung der SV-Beiträge von einer Strafe freikaufen.

Laut AK würden die so genannten Scheinfirmen, auf die das neue Gesetz abzielt, vor allem im Baubereich tätig sein. Pro Jahr würden 750 bis 800 Baufirmen gegründet, rund 95 Prozent davon seien Scheinfirmen. Das Problem mit den Sozialversicherungsbeiträgen stelle sich aber nicht nur am Bau, sondern etwa auch im Bereich der Saisoniers. (miba, Der Standard, Printausgabe, 03.12.2004)