Sarajewo - UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte hat den Beginn
von Kriegsverbrecherprozessen in Bosnien-Herzegowina im Jänner des
nächsten Jahres angekündigt. Auf einer Pressekonferenz in der
bosnischen Hauptstadt Sarajewo sagte die Leiterin der Anklagebehörde
des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, dass zunächst "acht
mittelschwere Fälle" vor der im Aufbau befindlichen
Kriegsverbrecherkammer am bosnischen Staatsgerichtshof behandelt
würden.
Zugleich versicherte sie, dass der Prozess gegen die beiden meist
gesuchten Angeklagten, der bosnisch-serbische Ex-Präsident Radovan
Karadzic und sein damaliger Armeechef Ratko Mladic, in Den Haag
geführt werden müsse.
7.000 Mann suchen nach Karadzic und Mladic
Nach der Übernahme der bisher NATO-geführten Bosnien-Schutztruppe
(SFOR) durch die EU-Operation "Althea" am Donnerstag zeigte Del Ponte
sich zuversichtlich, dass es der 7000 Mann starken Truppe gelingen
würde, Karadzic und Mladic sowie 18 weitere von Den Haag Gesuchte
festzunehmen. "Für mich wächst dadurch die Hoffnung, dass die Mission
endlich erfüllt wird", so die UNO-Chefanklägerin. Der NATO-Führung
warf sie vor, neun Jahre lang nicht genug getan zu haben, um
mutmaßliche Kriegsverbrecher zu verhaften. Bis zum Jahresende, so Del
Ponte, werde sie "nicht mehr als fünf oder sechs" neue Anklagen
erheben, die sich gegen Täter "auf allen Gebieten des früheren
Jugoslawien" richten werde.
Del Ponte hatte auch angekündigt, dass sich der mutmaßliche
Kriegsverbrecher und pensionierte bosnisch-serbische General Dragomir
Milosevic offenbar selbst gestellt hat. Er werde im Laufe des
Freitags von Belgrad nach Den Haag abreisen. Sie habe keine weiteren
Informationen über das Auslieferungsverfahren, sagte Del Ponte. Der
62-Jährige soll als Kommandant serbischer Verbände während des
Bürgerkrieges in Bosnien-Herzegowina (1992-1995) für die 44-monatige
Belagerung und den Beschuss Sarajewos mit tausenden Toten
verantwortlich sein. (APA)