Wien - "In Osteuropa ist das meiste schon gelaufen, wir erwarten jetzt eine Konsolidierung der westeuropäischen Stahlbranche", so Heinz Sernetz, Chef der auf Firmenübernahmen und Privatisierungen spezialisierten Raiffeisen Investment AG (RIAG), am Freitag in einem Gespräch mit Journalisten. Dabei ginge es vorerst weniger um die Hersteller von Hochqualitätsstahl und teilweise integrierten Automobil-Systemzulieferern a la Voestalpine in Linz, sondern um den "dummen" Rohstahl, quasi die Meterware.

Die RIAG ist derzeit etwa dabei, den türkischen Konzern Erdemir zu privatisieren, "wir erwarten, dass alle großen sich beteiligen werden", so Sernetz, obwohl aufgrund der Stahlknappheit die Preise für Stahlfirmen hoch sind. In der letzten Zeit hat vor allem die britisch-indische LNM-Gruppe "alles aufgekauft in Osteuropa".

Stark fragmentiert

Als Grund für den Konsolidierungsdruck nennt der Raiffeisen-Manager: "Die Stahlbranche ist nach wie vor sehr fragmentiert". Ein illustrierendes Rechenbeispiel: Die sechs größten Unternehmen der Welt - Arcelor, LNM, Nippon Steel, JFE, Posco, Shanghai Baosteel - produzieren knapp zwanzig Prozent der Gesamtstahlproduktion (965 Millionen Tonnen, laut der Statistik des International Iron and Steel Institute für 2003). Bei einer wichtigen Abnehmerindustrie, den Automobilherstellern, sind fünf Unternehmen für 60 Prozent der Weltproduktion verantwortlich. Auch bei den Rohstofflieferanten steht die Stahlbranche einer Macht entgegen, bei der Kohle sind vier Firmen, beim Erz drei Konzerne für zwei Drittel bis drei Viertel der Weltförderung zuständig. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4./5.12.2004)