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Jugendliche vor Sexualität "schützen" ist die derzeitige Strategie der US-Regierung.
Foto: APA/dpa/A3397 Gero Breloer
Washington - Die Enthaltsamkeits-Programme für amerikanische Jugendliche, die seit 1999 mit finanzieller Unterstützung durch Bundesgelder durchgeführt werden, sind nun unter Beschuss gekommen: Laut einer Untersuchung des demokratischen Kongressabgeordneten Henry Waxman sind in den Unterrichtsmaterialien vieler Programme falsche Fakten, die das Gesundheitsrisiko von Sexualität übertreiben.

Eine Vertreterin des Gesundheitsministeriums wies die Kritik zurück und bezeichnete die Waxman-Untersuchung als "politisches Dokument". Sexuelle Abstinenz sei das effektivste Mittel zur Prävention der sexuellen Übertragung von HIV, Krankheiten und von Schwangerschaften.

Abstinenz

Nächstes Jahr werden diese Programme mit 170 Mill. Dollar gefördert. In den fünf Jahren seit 1999 werden dann 900 Mill. Dollar (677 Mill. Euro) für Abstinenz-Programme für Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis 18 Jahren investiert. Darin werden keine positive Informationen über Verhütungsmittel geboten, weil dies angeblich eine Einladung zu sexuellen Kontakten darstelle und durch die Abstinenz-Programme die Jugendlichen völlig vom vorehelichen Geschlechtsverkehr abgehalten werden sollen. US-Präsident George W. Bush unterstützt die Erziehung zur sexuellen Abstinenz und will vom Kongress noch höhere Förderungen erreichen.

Kondome

Zu den wissenschaftlich falschen Fakten in mehreren dieser Programme gehört laut der Studie etwa die Behauptung, dass der Gebrauch von Kondomen beim heterosexuellen Verkehr in 31 Prozent der Fälle eine Schwangerschaft oder eine HIV-Infektion nicht verhindern könne. Laut dem Zentrum für Gesundheit und Seuchenkontrolle (CDC) versagen jedoch Kondome bei richtiger Anwendung nur in weniger als drei Prozent der Fälle, berichtet die "Washington Post".

HIV-Infektion durch Schweiß und Tränen

Weiters wird in den Abstinenz-Programmen behauptet, dass eine HIV-Infektion durch Schweiß und Tränen übertragbar sei, was laut wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht stimmt. Auch für die Behauptung, dass jeder zweite männliche homosexuelle Jugendliche HIV-infiziert sei, gebe es keinen Beweis. Dass gegenseitige Masturbation zu einer Schwangerschaft führen könne, sei ebenfalls nur eine sehr theoretische Möglichkeit.

Zusätzlich zu falschen Fakten seien auch oft Stereotypen über das Verhalten der Geschlechter enthalten, warnt Waxman. So werden Frauen im "Why kNOw"-Programm als beziehungsorientiert und Männer als leistungsorientiert dargestellt. In einem anderen Buch werde das angebliche Bedürfnis des Mannes nach "Bewunderung" und "sexueller Erfüllung" dem angeblichen Bedürfnis der Frau nach "finanzieller Unterstützung" gegenübergestellt und als wissenschaftliches Faktum präsentiert.

Die Wirksamkeit der Abstinenz-Programme ist umstritten. Laut einer Untersuchung der Columbia University haben 88 Prozent aller Personen, die in einem "Jungfräulichkeits-Eid" versprechen, dass sie unberührt in die Ehe gehen, später vorehelichen Sex. KritikerInnen wie Waxman meinen, dass durch die fehlende Information über Verhütung und Kondome das Risiko von sexuell übertragbaren Krankheiten und ungeplanten Schwangerschaften steige und fordern umfassende Sexualerziehung. Außerdem werde durch die Abstinenz-Programme ein schuldbelasteter Zugang zur Sexualität erzeugt, der später zu Sexualstörungen führen könne. (APA)