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Die Hainburger Au: Gerettet, aber wie lange?

Foto: APA/Roland Schlager
Nein, die Lichter sind nicht ausgegangen. Nach Hainburg, genauer: nach dem Stopp dieses Kraftwerksprojekts, ebenso wenig wie nach Zwentendorf. Das hängt auch damit zusammen, "dass ab 1985 zehn Jahre lang wirklich engagierte Energiepolitik gemacht worden ist", wie sich Gerhard Heilingbrunner erinnert.

Heilingbrunner war 1984 einer der Organisatoren der Au-Besetzung und gleichzeitig Sprecher des Konrad-Lorenz-Volksbegehrens, das nicht nur gegen den Bau der Kraftwerke Hainburg, Hintergebirge und Dorfertal gerichtet war, sondern insgesamt eine energie- und umweltpolitische Wende propagiert hat.

Die damalige Regierung Sinowatz war schlau genug, einige Anregungen des Volksbegehrens aufzugreifen, die Hainburg-Pläne in einer Kommission verschwinden zu lassen und den Konflikt auf diese Weise zu entschärfen. Statt Kraftwerksprojekten kamen der Katalysator, das Luftreinhaltegesetz und ein paar Jahre später das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. "Rechtlich stehen wir viel besser da als vor 20 Jahren. Politisch nicht unbedingt", bilanziert Heilingbrunner, der heute Präsident des Umweltdachverbands ist.

Wäre es heute möglich, ein Kraftwerksprojekt wie Hainburg einfach durchzuziehen, wie das der Regierung Sinowatz gelungen wäre, wenn die Stopfenreuther Au damals nicht von Studenten und Künstlern unter regem Medieninteresse besetzt worden wäre?

Jedenfalls nicht in Hainburg, wo durch die Errichtung des Nationalparks ein wesentlich strengerer, international verbriefter Schutz besteht als der seinerzeitige durch das Ramsar-Abkommen über Feuchtgebiete, an das sich die Au-Schützer klammerten. "Aber ,Hainburg' ist schon damals nicht nur an der Donau gelegen, es war eine Metapher für Großprojekte - und die werden heute wieder frisch aus der Schublade geholt", sagt Heilingbrunner.

Für ihn liegt "Hainburg" derzeit im Sulzbachtal, einem Seitental des Ötztals, wo von der Tiwag ein 1000 Megawatt-Kraftwerk geplant wird. Könnte man dort so etwas wie die Au-Besetzung vor 20 Jahren organisieren? Heilingbrunner ist skeptisch: "Wer sagt, dass er den ,Geist von Hainburg' heraufbeschwören will, der weiß nicht, wovon er redet. Das ist heute nicht mehr möglich - wenn wir ehrlich sind, haben viele von uns doch auch im Dezember 1984 nicht geglaubt, dass wir das Kraftwerk verhindern könnten. Jörg Mauthe war tief verzweifelt. Aber zum Unterschied zu heute haben sich die Leute damals auch für eine fast verlorene Sache prügeln lassen."

Statt auf Aktionismus setzen die Umweltschützer heute auf den Rechtsstaat - vor allem die Natura 2000 Richtlinie der EU könnte Großprojekte in sensiblen Regionen verhindern. Und dennoch sind die Begehrlichkeiten der Wirtschaft und der Politik zur Erschließung von Gletschern, zur Errichtung von Seilbahnen und zum Bau von Straßen kaum geringer geworden.

"Während es vor 20 Jahren gigantische Kraftwerksprojekte waren, sind es heute Autobahn-Pläne, die den Donauraum bedrohen. Der Nationalpark Donauauen würde durch die Lobau-Autobahn, die Marchfeldautobahn und die Spange Kittsee förmlich eingeschnürt. Im Fall der Lobau-Autobahn wird - egal ob die sechste Donauquerung per Tunnel oder Brücke erfolgt - auf jeden Fall Augebiet zerstört werden und der Wiener Teil des Nationalparks seinen Nationalpark-Status verlieren", schätzt Heinz Högelsberger von Global 2000.

Dazu kommt, dass die Donau unterhalb von Wien künstlich eingetieft werden soll, um die Schifffahrt zu erleichtern - die Empfehlung der Ökologen hatte im Gegenteil gelautet, der Donau Geschiebe (also Schotter) zuzugeben, um die Eintiefung hintanzuhalten und die Dynamik des Wasserhaushalts der Au zu sichern.

"Seit Mitte der neunziger Energieeffizienz kein politisches Thema mehr

Dabei dürfe man das größere Ganze nicht aus den Augen verlieren, warnt Umweltdachverbands-Präsident Heilingbrunner: Ja, es sei wichtig, den Nationalpark zu schützen und um die Augebiete von Petronell zu vergrößern.

Mindestens ebenso wichtig wäre es aber, die "neue Strom-Lüge" zu entlarven: "Vor 20 Jahren hat man uns vorgelogen, dass die Lichter ohne neue Kraftwerke ausgehen. Heute lügt man uns vor, dass Strom unbegrenzt vorhanden und durch die Liberalisierung obendrein auch noch spottbillig sein müsste", sagt Heilingbrunner: "Seit Mitte der neunziger Jahre ist Energieeffizienz kein politisches Thema mehr, Ökostrom wird eher geduldet als gefördert, und Atomstrom völlig unkritisch importiert."

So sei es auch kein Wunder, dass der Stromverbrauch in den vergangenen Jahren immer stärker gestiegen ist, allein im Vorjahr um 3,2 Prozent. Energiesparen ist kein Thema - und neue, sparsame Technologien daher auch nicht, sagt Heilingbrunner: "Dabei könnte man allein bei der Beleuchtung mit Leuchtdioden 60 Prozent Strom sparen. Aber dazu fehlt der Impuls. Stattdessen nimmt man hin, dass Strom vergeudet wird: Allein die Stand-by laufenden Elektrogeräte verbrauchen ohne jeden Nutzen den Strom eines mittleren Donaukraftwerks." (DER STANDARD, Printausgabe, 4./5.12.2004)