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Oppositionsführer Juschtschenko ruft die Menschen zu weiteren Demonstrationen auf, um damit den Druck auf die Regierung weiter zu erhöhen.

Foto: AP /Oded Balilty
Kiew - In der Ukraine dauert der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition drei Wochen vor der geplanten Wiederholung der Stichwahl um das Präsidentenamt an. Das Parlament vertagte sich am Samstag, ohne ein von der Opposition gefordertes Gesetzespaket zu verabschieden, mit dem Wahlmanipulationen verhindert und die zentrale Wahlkommission umgebildet werden sollte. Das Regierungslager wollte dies nur akzeptieren, wenn im Gegenzug die Machtbefugnisse des nächsten Präsidenten beschnitten werden.

Juschtschenko attackierte Regierung wegen Verfassungsänderung

Oppositionskandidat Viktor Juschtschenko warf der Regierung darauf hin vor, sie wolle die Macht des Präsidenten nur einschränken, weil sie seinen, Juschtschenkos, Sieg in der Wiederholung der Stichwahl am 26. Dezember befürchte. "Ihnen ist klar geworden, dass sie nicht gewinnen werden, also haben sich sich dazu entschieden, die Verfassung zu ändern und die Macht des Präsidenten zu beschneiden", sagte Juschtschenko vor zehntausenden Anhängern auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew.

Die Juschtschenko-Anhänger harrten dort auch am Sonntag bei eisiger Kälte weiter in ihrem Zeltlager aus. Sie wollen ihre Proteste erst aufgeben, wenn das Parlament Gesetzte verabschiedet hat, die eine faire Wahl garantieren. Der Oberste Gerichtshof hatte am Freitag die Stichwahl für ungültig erklärt und die Wiederholung der Entscheidung angesetzt. Am Samstagabend demonstrierten wieder schätzungsweise 300.000 Menschen.

Kutschma bezichtigt Opposition des Wortbruchs

Angesichts der anhaltenden Demonstrationen warf der scheidende Präsident Leonid Kutschma der Opposition am Samstag Wortbruch vor. Die Opposition halte sich nicht an die in der vergangenen Woche unter Vermittlung der EU und mehrerer Nachbarstaaten getroffenen Vereinbarungen, sagte Kutschma in einem Telefongespräch mit dem amtierenden EU-Ratspräsidenten Jan Peter Balkenende. Juschtschenko hatte am Mittwoch zugesichert, seine Anhänger würden die Blockade der Regierungsgebäude in Kiew beenden.

Juschtschenko rief andere Länder am Sonntag auf, sich nicht auf die Seite eines Kandidaten zu schlagen. Die internationale Gemeinschaft solle nur freie Wahlen garantieren. Zu dieser will auch Ministerpräsident Viktor Janukowitsch wieder antreten. Seine Sprecherin Anna Herman erklärte, der Regierungschef werde bei der neuen Runde der Präsidentenstichwahl auf jeden Fall wieder antreten. "Es gibt keinen anderen Weg, als mitzumachen und zu gewinnen", sagte sie.

Neuer Runder Tisch am Montag

Auch die internationalen Vermittlungsbemühungen gerieten ins Stocken. Das nächste Treffen der Seiten am Runden Tisch werde es voraussichtlich erst am Montag geben, ließ Kutschma nach einem Telefonat mit dem polnischen Präsidenten Alexander Kwasniewski mitteilen. Die österreichische EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner appellierte an die russische Führung, sich für eine friedliche Beilegung der politischen Krise im Nachbarland einzusetzen. In der Zeitung "Bild am Sonntag" warnte die frühere Außenministerin zugleich vor einer "ernsthaften Krise", sollten sich Teile der Ukraine für unabhängig erklären. "Wir alle hoffen, dass diese Situation ohne Gewaltanwendung gelöst werden kann", sagte sie.

Neuwahl: "Sieg für das ukrainische Volk"

US-Außenminister Colin Powell bezeichnete die geplante Wiederholung der umstrittenen Präsidentenwahl in der Ukraine am Samstag als "Sieg für das ukrainische Volk". "Wir hoffen, dass die kommende Wahl frei, fair, offen und gut überwacht sein wird", sagte Powell in Washington. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) begrüßte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für eine Wahlwiederholung. (APA/AP/dpa)