Infografik: Herkunftsländer von Investitionen

Grafik: Der Standard
Wien - Mit knapp 100 abgeschlossenen Investitionsprojekten kann die staatliche österreichische Betriebsansiedlungsagentur Austrian Business Agency (ABA) schon jetzt auf ein erfolgreiches Jahr 2004 zurückblicken. Mit Stand Ende November liege das Ergebnis bereits "deutlich" über dem Jahresergebnis 2003, sagte ABA-Chef René Siegl im Gespräch mit dem STANDARD.

Als "starkes Argument" für ausländische Investoren - speziell aus Deutschland - sei dabei zweifellos die Steuerreform mit ihren Hauptpunkten Körperschaftssteuersenkung sowie Gruppenbesteuerung dazugekommen.

Allerdings sieht Siegl die traditionelle Brückenkopf-Funktion Österreichs zu den neuen EU-Nachbarn im Osten skeptisch bis gefährdet. "Die Standorte Prag und Budapest wurden durch den EU-Beitritt sicherlich aufgewertet, etwa in Faktoren wie Rechtssicherheit, die bisher immer für Wien gesprochen haben. Das heißt, dass sich hier die relative Wettbewerbsposition Wiens mit der Erweiterung verschlechtert hat."

Abwanderungstendenz

Dazu komme, dass so genannte "Regional-Headquarters" internationaler Konzerne "eher unter Druck stehen, ihre eigene Existenz zu rechtfertigen, und nicht unbedingt neue Einheiten in größerer Zahl geschaffen werden", so Siegl.

In besten Zeiten seien pro Jahr in Österreich 20 solcher regionaler Firmenzentralen in Wien für den Raum Mittel-und Osteuropa errichtet worden. "Heuer werden wir wahrscheinlich auf fünf solcher Headquarters kommen", sagte Siegl.

Mittlerweile würden die Regionalzentralen in Wien entweder wieder in die eigentlichen Europazentralen zurückverlagert, also wieder zentralisiert, oder die Konzerne gingen lieber gleich nach Ungarn, Tschechien oder in die Slowakei, da in diesen Ländern meist schon auf eine fünf- bis zehnjährige Erfahrung zurückgegriffen werden könne. Siegl: "Damit wird die Sandwichposition des Regional-Headquarters schwächer."

Bekannte neue Märkte

Abgesehen vom schrumpfenden Markt der Firmenzentralen läuft das Ansiedlungsgeschäft in den Branchen Informationstechnologie - "obwohl hier der wirkliche Boom vorbei ist" - und Automotive sehr gut. Verstärkt setzt die Betriebsansiedlungsagentur nun auf die Bereiche Mechatronik, Tourismus, aber auch Finanz- und Immobilienfonds. Zunehmend gewinne auch die Biotechnologie in Österreich an Bedeutung.

Standortpolitischen Nachholbedarf sieht Siegl weiterhin beim viel diskutierten Thema Arbeitszeitflexibilisierung gegeben. "Hier haben wir mit Sicherheit noch Aufholbedarf gegenüber anderen Standorten. Dabei geht es um die tägliche Höchstarbeitszeit und flexiblere Jahresarbeitszeitmodelle, um zum Beispiel neue Schichtmodelle zu ermöglichen", meint der ABA-Chef.

Letztlich müsste man manchen Investoren, die sich in Österreich Produktionsprojekte überlegen, auch die Maschinenauslastung über sieben Tage in der Woche gewährleisten können. (Michael Bachner, DER STANDARD Printausgabe, 06.12.2004)