Telekom
Große Unsicherheiten am europäischen Telekommarkt
Investoren kritisieren fehlende Wachstumsstrategien und Geschäftsmodelle - Alternative Betreiber "Kandidaten für Konsolidierungen"
Auf dem europäischen Telekommarkt machen sich
angesichts rascher technologischer Veränderungen, vorhandener
Überkapazitäten und unvorhersehbarer regulatorischer Entwicklungen
große Unsicherheiten breit. Investoren verlieren zunehmend ihr
Vertrauen in die Telekom-Branche und kritisieren fehlende
Wachstumsstrategien und Geschäftsmodelle. Zu diesem Schluss kommt der
Unternehmensberater Ernst & Young im "European Telecoms Report 2004",
bei dem zwischen Juli und September 2004 knapp 50 Telekom-Manager,
Investoren und Analysten befragt wurden.
Probleme
Investoren beanstanden laut Ernst & Young vor allem die fehlende
Transparenz, wie Gewinne künftig realisiert werden und welche
Geschäftsmodelle zur Erzielung von Gewinnen beitragen könnten. 55
Prozent der befragten Investoren und Analysten halten eine neue
strategische Ausrichtung der Telekomunternehmen für "erstrangig",
während dies für nur 25 Prozent der Betreiberunternehmen ein Thema
neben anderen Erfolgsgrößen ist.
Am stärksten betroffen von den Unsicherheiten im Markt sind laut
Report alternative Telekombetreiber, die mit massiven Überkapazitäten
und ruinösem Preisdruck konfrontiert seien. Alternative Betreiber
seien daher auch "die ersten Kandidaten für zukünftige
Konsolidierungen". Etablierte Betreiber seien hingegen gezwungen,
ihre Kosten zu reduzieren, die Effizienz der Produktion
voranzutreiben und Wachstumspotentiale zu erkennen.
Gesättigt
Mobilfunkbetreiber können laut Unternehmensberater noch immer
einen "gesunden" Cashflow mit der traditionellen Sprachtelefonie
erzielen, sehen sich aber in Europa mit zunehmender Marktsättigung
konfrontiert. Nur mit neuen Datendiensten könnten die Wachstumsraten
der vergangenen Jahre fortgesetzt werden. Kabelbetreiber hingegen
würden nach einer Marktkonsolidierung aktuell von einer
"restrukturierten finanziellen Basis" profitieren, künftig seien aber
"noch einige grenzenübergreifende Zusammenschlüsse zu erwarten".
Die europäische Telekomindustrie sieht laut Report generell einen
Trend zu Anwendungen über das Internet (IP), ohne jedoch ein
fundiertes kaufmännisches oder regulatorisches Modell hierfür zu
haben. Großes Wachstumspotenzial wird auch bei Breitbanddiensten und
Mobilfunkanwendungen geortet.
Wachstum
Fast 50 Prozent der Investoren sehen VoIP (Voice over IP -
Telefonie über das Internet) als Wachstumsmotor für die Branche, 35
Prozent setzen auf drahtlose Anwendungen und 30 Prozent auf neue
Übertragungstechniken wie die drahtlosen Technologien Wimax und WiFi.
Bei den Betreibern hingegen halten 42 Prozent die
Breitbandtechnologien für das Thema der Branche, nur 35 Prozent
setzen auf VoIP und drahtlose Anwendungen.
Für Telekombetreiber gilt laut Umfrage das Thema
Kundenzufriedenheit als wichtigstes Ziel, noch vor der Notwendigkeit,
die Gewinne zu erhöhen. Allerdings habe die Mehrzahl der Unternehmen
keine klaren Vorstellungen darüber, wie sie in Zukunft Kunden
gewinnen und halten könnten, so Ernst&Young. (APA)