Mit großer Einhelligkeit wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ Unverständnis mit der Entscheidung des Umweltsenats bekundet und ein "Schulterschluss" zur Rettung des Projekts beschworen.

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Graz - Nach der Aufhebung des Genehmigungsbescheides für das "Projekt Spielberg" und die von Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz bekundete Rückzugsabsicht stand am Dienstag das Bemühen um Schadensbegrenzung im Vordergrund. Seitens der Region, des Landes und des Bundes wurde hektisch verhandelt, eine Task-Force wurde eingerichtet, die Bürgermeister trafen sich zu einem Krisengipfel.

Unverständnis

Mit großer Einhelligkeit wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ Unverständnis mit der Entscheidung des Umweltsenats bekundet und ein "Schulterschluss" zur Rettung des Projekts beschworen. "Die Steiermark bekennt sich ausdrücklich zu diesem Zukunfts-Leitprojekt, das in der gesamten Region eine große Aufbruchsstimmung ausgelöst hat", betonte Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (V), die weiter an das Projekt glaubt: "Die Anliegen und Sorgen der Anrainer sollen entsprechend der Ausführungen des Umweltsenats in den neuen Verhandlungen berücksichtigt werden." Vieles sei in der Zwischenzeit schon ausverhandelt oder durch die Erkenntnisse dieses Verfahrens vorgegeben.

FPÖ-Infrastrukturreferent LHStv. Leopodl Schöggl forderte einen "Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg": Gemeinsam müsse man für dieses wichtige Projekt kämpfen.

Der steirische Wirtschaftskammer-Präsident Peter Mühlbacher, selbst Hotelier in der Region, ortete eine Stimmung "wie damals, als die Verstaatlichte niedergegangen ist". Er erwarte sich eine Fortsetzung des Projekts, ebenso wie SPÖ-LHStv. Franz Voves, der einen "steirischen Schulterschluss gegen Wiener Umwelt-Bürokraten" forderte.

Bürgermeister: "Gebe die Hoffnung nicht auf"

"Ich gebe die Hoffnung bis zur letzten Sekunde nicht auf", bekräftigte auch der Spielberger Bürgermeister Kurt Binderbauer (S) den Willen der Region, das Projekt auf alle Fälle zu halten. Der Abzug der Formel 1 habe der obersteirischen Region 2003/2004 ein Minus von 15.000 bis 20.000 Nächtigungen gebracht, obwohl zu dieser Zeit noch einige andere Veranstaltungen auf dem A1-Ring stattgefunden hätten, so Binderbauer. Die ganze Region habe sich auf das neue Leit-Projekt hin orientiert. Der verfügte Stopp sei völlig überraschend gekommen, die Telefone auf der Gemeinde liefen seit Montag heiß. Kollegen und Bürgerinnen und Bürger wollten wissen, wie es nun weitergehen soll.

Offenbar würden von den Umweltstandards her unterschiedliche Maßstäbe angelegt, kritisiert der Bürgermeister. Im Zusammenhang mit der Stationierung der Abfangjäger seien Bedenken über die Umweltverträglichkeit nicht ernst genommen worden, auch wenn das verteidigungspolitische Interesse im Vordergrund stehe. Die tatsächlichen Folgen eines Rückzugs seien kaum abschätzbar, so Binderbauer. Allein in der Startphase gehe es um 300 Arbeitsplätze.

Grüne: "Miserables Projektmanagement"

Allein die Grünen, die gegen das Projekt aufgetreten waren, sehen die Entwicklung anders. Die Landespolitik habe Gutachten ignoriert und falsche Hoffnungen geweckt, erklärte Umweltsprecherin Edith Zitz: "Das miserable Projektmanagement von Klasnic, Schützenhöfer & Co. führte zum Scheitern." Im 21. Jahrhundert gehe man eben mit einem Projekt "baden, das sachbezogene Einwände ignoriert statt einbezieht".

Die steirische Klubobfrau der Grünen, Ingrid Lechner-Sonnek, kritisierte in einer Aussendung am Dienstag auch den "populistischen Aufschrei" gegen den Rechtsstaat, der nur vom eigenen Versagen ablenke und "ein großer Schaden für die politische Kultur" sei. Der Rechtsstaat müsse für alle gelten, auch für Großinvestitionen und Großinvestoren, so Lechner-Sonnek.

Schüssel: "Bedauerliche Entscheidung"

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sprach von einer "bedauerlichen Entscheidung" und kündigte die Bildung einer "Task Force", der neben ihm auch der Vizekanzler, die Minister Josef Pröll und Martin Bartenstein sowie Vertreter des Landes Steiermark angehören sollen. Man werde sich bemühen, das Motorsport-Zentrum doch noch Realität werden zu lassen. Inhaltlich nicht kommentieren wollte Umweltminister Josef Pröll (V) die Entscheidung. Sie sei zur Kenntnis zu nehmen.

Vizekanzler Hubert Gorbach (F) bezeichnete das negative Urteil des Umweltsenats als "wirtschafts- und standortpolitische Fehlentscheidung". Es gelte nun, alles in Bewegung zu setzen, damit das Projekt Spielberg doch noch realisiert werden könne. Alle Beteiligten mögen die Situation noch einmal in Ruhe bewerten und überlegen, ob es nicht doch einen Weg gäbe, das Projekt zu retten, appellierte Gorbach. "Es darf nicht sein, dass hier schon das letzte Wort gesprochen ist".

Neue Studie

Am Dienstag wurde auch bekannt, dass eine neue volkswirtschaftliche Studie zum Projekt, die von Bund und Land beauftragt, aber noch nicht präsentiert wurde, aus regionalwirtschaftlicher Sicht zu einer "positiven Bewertung" kommt. Gemeinsam von Joanneum Research und Wifo wurden die ökonomischen Auswirkungen, ausgehend von den Planungen, untersucht. Allein der Effekt auf den Arbeitsmarkt ist demnach beachtlich: In der Bauphase würden in Österreich 10.000, in der Folge 2.000 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen.

Wie Michael Steiner, der mit Gerold Zakarias für Joanneum Research an der Studie gearbeitet hat, ausführt, würden von den 10.000 Beschäftigungsverhältnissen im Zeitraum 2004 bis 2010 die Hälfte auf die Steiermark entfallen. Von den 2000 Jobs bei Betrieb wären 1.400 in der Steiermark. Diese Daten seien auch im Hinblick darauf zu bewerten, dass es sich bei der obersteirischen Region um eine der schwächeren Regionen des Bundeslandes und Österreichs handle.

Ergänzung für die Forschungslandschaft

Besondere Bedeutung misst die Studie der Privatuniversität und damit verbundene internationale Forschungsprojekte bei. Dies könne eine Ergänzung für die steirische Forschungslandschaft und Branchenstruktur - vor allem den Auto-Cluster - sein und die Stärkefelder nachhaltig positiv unterstützen, so Steiner. Dazu kämen Image-Effekte durch Marken wie Red Bull, VW und Audi. Insgesamt gebe es ein hohes wirtschaftliches Potenzial mit positiven Folgewirkungen. Ausgegangen war man bei den Berechnungen von 1,5 Millionen Zuschauern und Teilnehmern im Jahr.

Von einer "ökonomischen Katastrophe" im Fall der Nichtrealisierung des Projektes will der Volkswirtschaftler dennoch nicht sprechen: "Wenn es nicht kommt, wird eine große Chance nicht genutzt", so Steiners Resümee. (APA/red)