Zeitungsartikel enthalten immer häufiger Werbebotschaften für Produkte oder Dienstleistungen, während der Einfluss politischer Parteien auf die Medien zurückgeht. Das ergaben Studien zur journalistischen Unabhängigkeit, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurden. Der wachsende Einfluss kommerzieller Interessen auf Zeitungsredaktionen zeige sich etwa an der Zunahme von "Koppelungsgeschäften", bei denen Anzeigenkunden als Zugabe für einen Auftrag einen redaktionellen Beitrag erhalten. Auch die Zahl "getarnter PR-Texte", bei denen ein Produkt positiv herausgestellt wird, nehme deutlich zu. Außerdem würden vor allem bei Zeitschriften zunehmend redaktionelle Produktionen in Kooperation mit Werbekunden hergestellt, was aber nicht immer gekennzeichnet werde.

Recherchezeit habe abgenommen

Mit der Zunahme PR-gesteuerter Berichte gehe ein Schwund an redaktioneller Professionalität einher, erklärte der Leipziger Journalismusforscher Michael Haller, der die Ergebnisse gemeinsam mit dem früheren Medienbeauftragten der OSZE, Freimut Duve, präsentierte. So ergab die Befragung von 110 Lokalredaktionen, dass die Recherchezeit deutlich zurückgehe. Während Lokaljournalisten 1993 noch rund 130 Minuten Recherchezeit am Tag hatten, sank diese auf derzeit rund 90 Minuten. Auch nehme die Zahl der Berichte mit nur einer einzigen Quelle zu. Rückläufig sei auch der Anteil an Aussagen von Fachleuten oder Experten, die sich zu einem Thema äußern.

Deutlicher Rückgang des politischen Einflusses

Im Unterschied zu früheren Jahrzehnten sei aber ein deutlicher Rückgang des politischen Einflusses auf die Medien registriert worden. So habe eine Untersuchung von Tageszeitungen im Bundestagswahlkampf 2002 ergeben, dass weder in den alten noch in den neuen Bundesländern eine parteipolitische Einseitigkeit nachzuweisen war. Es zeige sich vielmehr, dass die Redaktionen beziehungsweise Verlagshäuser ihre politische Unabhängigkeit behaupten, betonte Haller. Beeinflusst werde die Berichterstattung dagegen "viel eher vom Mainstream politischer Mehrheitsmeinungen im Publikum".

Medieneigentümer und politische Linie

Untersucht wurde außerdem, ob Parteien als Medieneigentümer die politische Linie der Zeitung beeinflussen. Die Studien ergaben, dass etwa Zeitungen, an denen die SPD-Holding Anteile besitzt, "in keinerlei Hinsicht SPD-freundlicher als andere Zeitungen" berichteten. Es sei eher das Gegenteil der Fall. Auch bei der "Frankfurter Rundschau", die im Mai 2004 von der SPD-Holding übernommen wurde, sei der Befund eindeutig. Eine Änderung der redaktionellen Linie gegenüber der SPD sei nicht festzustellen. Als Referenzmedien dienten die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die "Süddeutsche Zeitung". (APA/AFP)