Istanbul - Die Türkei will nach den Worten von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Ergebnisse der anstehenden EU-Entscheidung über Beitrittsgespräche nur unter bestimmten Bedingungen akzeptieren. Bei einem Treffen mit ausländischen Journalisten habe Erdogan angekündigt, dass die Türkei bei drei Themen "Nein" sagen werde, meldete der türkische Nachrichtensender NTV am Mittwoch. Die EU will bei einem Gipfeltreffen am 16. und 17. Dezember über den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei entscheiden.

Erdogan sagte laut NTV, Ankara lehne jede Art von Sonderstatus als Alternative zur EU-Vollmitglliedschaft ab. Zudem solle als Ziel der Beitrittsverhandlungen die Vollmitgliedschaft formuliert werden. Drittens dürfe es keinen Zusammenhang zwischen dem Zypern-Problem und der türkischen Europa-Bewerbung geben. Damit spielte Erdogan auf die Forderung der EU an, die Türkei solle die griechische Republik Zypern offiziell anerkennen.

Erdogans Regierung vertritt den Standpunkt, dass allein die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien entscheidend für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen sind. Die EU-Kommission hatte der Türkei im Oktober die Erfüllung der Kriterien bescheinigt. "Mitten im Spiel die Regeln zu ändern, ist für mich unannehmbar", sagte Erdogan laut NTV in der Begegnung mit den Journalisten. Zur Frage der Vollmitgliedschaft als Ziel der Verhandlungen sagte der türkische Regierungschef: "Warum sollte die Türkei mit der EU Verhandlungen beginnen, wenn diese Verhandlungen nicht mit der Mitgliedschaft enden?"

Türkei lehnt Anerkennung Zyperns vor Wiedervereinigung ab

Der türkische Außenminister Abdullah Gül hat am Mittwoch eine Anerkennung Zyperns vor einer Wiedervereinigung der Insel kategorisch abgelehnt. "Es kommt nicht in Frage, dass die Türkei die griechisch-zyprische Verwaltung anerkennt ohne eine Lösung" in der Frage der Wiedervereinigung, sagte Gül mit Bezug auf die Republik Zypern. Diese ist international anerkannt und seit Mai EU-Mitglied. Staatspräsident Tassos Papadopoulos drohte bereits, Zypern könne ein Veto einlegen, wenn die Türkei die Anerkennung verweigere.

Die Aussage Güls war eine klare Zurückweisung der Forderung von Seiten der Europäischen Union, dass die Türkei vor dem EU-Gipfel kommende Woche Schritte zur Ankennung Zyperns unternehmen soll. Auf dem Gipfeltreffen entscheiden die Staats- und Regierungschefs über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan betonte in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der italienischen Zeitung "La Stampa", die Türkei habe alle Bedingungen der EU erfüllt. "Jetzt weitere Bedingung aufzustellen, ist inakzeptabel."

Die zyprische Haltung wird aber auch von Griechenland und weiteren EU-Staaten geteilt. "Wenn ein Kandidat ein Mitglied der Europäischen Union nicht anerkennt, dann ist das eine Anomalie", sagte ein Sprecher des griechischen Außenministeriums am Dienstag nach einem Treffen von Ministerpräsident Kostas Karamanlis mit dem amtierenden EU-Ratspräsidenten Jan Peter Balkenende in Athen. Das niederländische Fernsehen zitierte Balkenende mit den Worten, die EU erwarte von der Türkei, den griechischen Süden Zyperns anzuerkennen. Die derzeitige Situation sei nicht akzeptabel.

Zypern ist seit der türkischen Invasion 1974 geteilt. Nach einem gescheiterten Referendum über die Wiedervereinigung trat im Mai nur der griechische Süden der EU bei. (APA/Red)