Im Juni bot GM den US-Autofahrern auf die meisten Geländewagen, Pickups und Minivans bis zu 5.000 Dollar Bar-Rabatt an.

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New York - Fast ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit die Hälfte aller in den USA verkauften Fahrzeuge von den Fließbändern der General Motors Corporation lief. Dann begannen die Deutschen den "Big Three" Marktanteile wegzuschnappen und danach die Japaner. Heute verdient GM im Autogeschäft kein Geld mehr.

Im November waren Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahr um 16,5 Prozent eingebrochen. Der Marktanteil liegt damit gerade noch bei 24,8 Prozent. GM hatte fest damit gerechnet, mit einer Serie neuer Modelle und großzügigen Rabatten bessere Ergebnisse zu erzielen. "Kein Zweifel, wir müssen das Tempo beschleunigen", sagte Konzernlenker Rick Wagoner nach Bekanntgabe der verheerenden November-Zahlen.

Japaner nicht zu bremsen

Die Anbieter aus Fernost hingegen sind kaum noch zu bremsen. Toyota legte im November um 4,4 Prozent zu und Nissan um 25,7 Prozent. "Es liegt ganz klar am Produkt", resümiert die Autanalystin Rebecca Lindland bei der Firma Global Insights die Lage auf dem Automarkt. "GM und Ford können sich nicht mehr darauf verlassen, mit Verkaufsanreizen Käufer einzufangen. Der Verbraucher ist immun geworden".

Auch bei Ford und Chrysler sind die Marktanteile in den letzten Jahrzehnten immer tiefer gesunken. Chrysler konnte allerdings im November 4,5 Prozent zulegen. Dank der Bargeldrabatte und Finanzierungshilfen, ohne die nichts mehr läuft, können die drei US-Hersteller ihr Absatzvolumen einigermaßen stabilisieren.

Produktion zurückfahren

GM muss jedoch im ersten Quartal 2005 die Produktion um mehr als sieben Prozent auf 1,25 Mio. Fahrzeuge zurückfahren und Ford wird nur noch 930.000 Einheiten (-8 Prozent) produzieren. Bereits im vierten Quartal 2004 laufen die Fließbänder im Vergleich zum Vorjahr langsamer.

Dass auch Verkaufsanreize nicht die Lösung sind, zeigt das bei GM im November angelaufene und für zwei Modelle gültige "Lock n' Roll"-Programm, das niedrige Kreditzinsen auf zehn Jahre festschreibt. Nur fünf Prozent der Kundschaft hätten zugegriffen, klagt GM-Vertriebsanalyst Paul Bellow. "Wir geben nicht auf, doch wird es schwierig sein, unseren Marktanteil dieses Jahr zu halten". Der betrug zum 30. November 27,3 Prozent, 0,8 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Zu Beginn des Jahres war Wagoner noch zuversichtlich gewesen. Die Situation für die US-Automobilindustrie und besonders für GM habe sich in den vergangenen Monaten spürbar verbessert, so der Konzernchef. Das Konjunkturwachstum blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. Mitte des Jahre mussten die Hersteller erneut in ihre Rabattkisten greifen. Die Rabatt-und-Discount-Schlachten intensivierten sich.

Rabatt

Im Juni bot GM den US-Autofahrern auf die meisten Geländewagen, Pickups und Minivans bis zu 5.000 Dollar Bar-Rabatt an. Pkw-Käufer erhielten bis zu 4.000 Dollar Verkaufshilfen. Inzwischen gibt es Discounts für 90 Prozent aller Fahrzeuge im Vergleich zu 10 Prozent vor einem Jahrzehnt.

Nach einer Ende November veröffentlichten Studie werden die Autohersteller dieses Jahr insgesamt 60 Mrd. Dollar für Absatzhilfen aufwenden. Die Verkäufe sind im bisherigen Jahresverlauf jedoch nur um 0,8 Prozent gestiegen. Der im November auf 24,8 Prozent geschrumpfte Marktanteil beunruhigt GM. Der weltweit noch immer führende Autohersteller hatte in den sechziger Jahren mehr als die Hälfte des amerikanischen Automarktes im Griff. So stark war GM, dass es in Washington Überlegungen gab, GM wie einst die Standard Oil Company zu zerschlagen.

Hoffnungsmarkt China

Nordamerika ist mit Abstand der wichtigste Markt des Autobauers. Es folgt die Region Asien-Pazifik, in die GM dank des enormen Wachstumstempos Chinas seine Hoffnung setzt. Im europäischen Autogeschäft macht GM seit Jahren Verluste und will nun die Notbremse ziehen. Rote Zahlen schreibt der Konzern auch in Lateinamerika.

Der 1908 gegründete Konzern beschäftigt weltweit 325.000 Menschen, produziert in 32 Ländern und verkauft seine Produkte in 192 Ländern. Vergangenes Jahr hat GM fast 8,6 Mio. Autos verkauft, das sind 15 Prozent des globalen Fahrzeugmarktes. Zur GM-Gruppe gehören Fiat, Fuji Heavy Industries, Isuzu Motors und Suzuki Motor. GM ist größter Aktionär bei GM Daewoo Auto & Technology. Der Konzern hat außerdem Technologieabkommen mit BMW und Toyota.

Der größte und rentabelste Brocken im GM-Verbund ist GMAC Financial Services, eine Nicht-Bank, die neben Autokrediten Hypotheken, Versicherungen und andere Finanzdienstleistungen anbietet. Geführt wird der Konzern von CEO Wagoner, Finanzchef John Devine und Robert Lutz, der für neue Modelle verantwortliche Vizevorsitzende.

In 2003 brachte es GM auf 185,5 Mrd. Dollar Umsatz nach 177,3 Mrd. Dollar im Jahr zuvor. Davon blieben netto 3,8 (1,7) Mrd. Dollar Gewinn übrig. Für den Gewinn ist jedoch ausschließlich die Finanztochter GMAC verantwortlich. Im reinen Autogeschäft ist es "zappenduster" geworden. (APA)