Zuerst schmiss Intendantin Karen Stone, die Jordan geholt hatte, ihren Job hin. Schließlich zog auch er es wegen Verzögerungen bei Budgetplanungen und der Intendantenfrage im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Grazer Bühnen vor, seinen Vertrag nicht zu verlängern.
Leicht dürfte er sich's nicht gemacht haben: "Das hatte schon etwas Krisenhaftes. Ich fragte mich, ob ich die Musiker im Stich lassen kann. Andererseits konnte ich für sie auch nichts tun und wäre selbst dort eingegangen. Es gab keine Perspektive. Das ging an die Nieren. Ich habe danach eine zweimonatige Kur machen müssen."
Dass es der mittlerweile 30-jährige Schweizer, der auch einen irischen Pass hat, in der wirren Atmosphäre ausgehalten hat, mutet seltsam an - schon damals standen ihm einige internationale Türen offen. Mittlerweile hat er an der Met dirigiert, auch an der Londoner Covent Garden Opera. Im Februar betreut er an der Staatsoper die Werther-Premiere; bei der Mozartwoche debütiert er als philharmonischer Dirigent. Und in Zürich ist er im Gespräch für die Nachfolge von Franz Welser-Möst als Musikchef der Oper. Zudem hat er das Angebot ausgeschlagen, Chef des Orchestre de la Suisse Romande zu werden - wegen seines Vaters, Armin Jordan, der das Orchester auch geleitet hat.
Zweifellos kann er sich vorstellen, wieder fix an einem Haus zu arbeiten. Es muss jedoch das Verhältnis mit dem Intendanten stimmen, auch mit dem Orchester. Und das Repertoire muss passen: "Es kann sein, dass man ein Angebot ausschlägt, weil der Orchestergraben an einem Haus zu klein ist, weil man dann bestimmte Werke nicht spielen kann." Solche von Wagner und Strauss zum Beispiel. Diesen will er sich widmen.
Jazz und Komposition Außerdem möchte er sein Wissen über das symphonische Repertoire erweitern. Das ist dank Graz auch möglich: "Da haben sich richtige Zeitfenster geöffnet, weil ich ja für Graz in meinem Terminkalender Platz freigehalten hatte. So habe ich jetzt Zeit gewonnen, kann mich mehr mit den Werken auseinander setzen, kann wieder mehr Klavier spielen - auch im Sinne des Jazz improvisieren. Das habe ich vorher nicht geschafft. Auch Komposition spielt bei mir eine Rolle. Mir schweben Lieder oder Kammeropern vor. Wenn man allerdings, so wie ich, immer mit Meisterwerken zu tun hat, schmeißt man seine Sachen gleich weg, weil man im Vergleich einfach nicht besteht."
Im interpretatorischen Bereich scheut er die Vergleiche mit Kollegen nicht. "Ich informiere mich durchaus bei einem Werk wie der ersten Symphonie von Brahms, die ich mit den Symphoniker mache: Was hat Furtwängler mit der Form gemacht, was Abbado mit dem Klang, und was hat Harnoncourt im Sinne der Entschlackung getan? Aber das muss man nicht übernehmen. Ich gehe von der Form aus, suche einen stimmigen Aufbau. Dadurch ergeben sich Tempi, Klang, Dynamik."