Wien/Mailand - Was vor zwei Jahren viel versprechend begann, steht jetzt vor dem Aus: Die Partnerschaft zwischen dem österreichischen Autobahnbetreiber Asfinag und seinem italienischen Pendant Autostrade Spa bei der Einhebung der fahrleistungsabhängigen Lkw-Maut in Österreich.

Die Asfinag wird die bei Vergabe des Mautauftrags vertraglich eingeräumte Option ziehen und die zu hundert Prozent im Besitz der Autostrade stehende Mautbetreibergesellschaft Europpass Austria zur Gänze übernehmen, erfuhr DER STANDARD aus Asfinag-Kreisen.

Gefallen ist die Entscheidung bereits vor zwei Wochen, bestätigt Asfinag-Aufsichtsratspräsident Johann Quendler im STANDARD-Gespräch. Ihr waren viele Diskussionen vorangegangen. Zur Wahl standen ein Einstieg der österreichischen Autobahnfinanzierungsgesellschaft mit einer Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie), die Übernahme der Mehrheit (51 Prozent) - oder eben der ganzen Europpass.

Am billigsten wäre zweifellos die Sperrminorität gewesen, sie hätte die Asfinag zum Nominalwert von 20 Millionen Euro bekommen - zuzüglich der jährlichen Abgeltung für den zehnjährigen Betrieb des auf Mikrowellentechnologie basierenden Mautsystems, versteht sich.

Kein Preisgerangel

Das war den Österreichern aber zu wenig, sie wollten das von den Italienern und ihrem Technologiepartner Kapsch errichtete Lkw-Mautsystem zur Gänze übernehmen. "Die hundert Prozent kosten aber nicht 80 Mio. Euro, sondern weniger", versichert Quendler, denn es sei ein Paketabschlag in Abzug zu bringen. Jetzt werde verhandelt, insbesondere über den Kaufpreis der 747 Millionen Euro teuren Investition. Streit sollte es dabei nicht geben, meint Quendler, denn der Verkehrswert sei anhand einer im Betreibervertrag fixierten Formel zu berechnen.

Bei Autostrade will weder zum "Ciao" aus Österreich noch zum Preis offiziell jemand Stellung nehmen. "Wir hoffen, dass nur ein Teil der Option gezogen wird", gibt man sich diplomatisch. Das Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Asfinag sei weiterhin groß, heißt es in Anspielung auf die zu Beginn der Zusammenarbeit vor zwei Jahren auf beiden Seiten gewälzten großen Osteuropapläne.

Autostrade sei an jeglicher Form von Zusammenarbeit interessiert, ob es nun um Privatisierung, Akquisitionen oder die Gründung von Joint Ventures geht. Grundsätzlich wird der "Abbau" der Kooperation in Österreich aber bedauert - auch wenn der Schritt der Österreicher vertraglich vorauszusehen gewesen sei.

Besonders bitter: Europpass hatte soeben begonnen, auf die Bilanz von Autostrade positiv zu wirken. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres konnte Italiens größter Autobahnbetreiber den konsolidierten Nettogewinn um 75 Prozent auf 396 Mio. Euro verbessern. Dank der Erhöhung der Autobahngebühren und der Konsolidierung der Österreich-Tochter Europpass stieg der Umsatz im Berichtszeitraum um zehn Prozent auf 2,15 Mrd. Euro.

Ostexpansion

Das operative Ergebnis (Ebitda) stieg um 13 Prozent auf 1,4 Mrd. Euro, der Betriebsgewinn (Ebit) um 14 Prozent auf 830 Mio. Euro. Gestiegen sind freilich auch die Nettoverbindlichkeiten des mehrheitlich von der Benetton-Familienholding Edizione kontrollierten Konzerns, sie kletterten gegenüber 2003 um 503 Mio. auf 8,8 Mrd. Euro.

Im vierten Quartal erwartet man trotz des konjunkturell bedingten, reduzierten Verkehrsaufkommens eine weitere Verbesserung der Ertragslage. Lehman Brothers bewertet die Autostrade-Aktie mit "overweight", das Kursziel beträgt 18,50 Euro.

Aufhalten lassen wird sich die bis 1999 staatliche Autostrade - sie betreibt mit 3120 Kilometern 48 Prozent der italienischen Autobahnen - in ihren ehrgeizigen Expansionsplänen in Ost- und Südeuropa von den Österreichern sicher nicht. Im Gegenteil: Wie es aussieht, werden die Italiener bei den Rennen um Mautaufträge in Tschechien und Slowakei gegen die Österreicher antreten. (Luise Ungerboeck, Thesy Kness-Bastaroli, Der Standard, Printausgabe, 09.12.2004)