Wien - Bereits im Oktober 2003 hat das vierköpfige Professorenteam der Zukunftskommission im Auftrag von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer ein Reformkonzept zur Neugestaltung des Schulwesens vorgelegt. Was ist seitdem mit den unter der Leitung von "Mister Pisa", Erziehungswissenschafter Günter Haider, erarbeiteten Vorschlägen geschehen?

Wenig, befindet die Opposition. Dabei könnte man mit den meisten der im Reformpapier genannten Forderungen mitgehen. Die Positionen der Parteien zu den wichtigsten Inhalten des Konzeptes:

[] Sitzenbleiben: Laut Experten hat das Repetieren mehr Nach- als Vorteile. Nur in "extremen Fällen" (drei und mehr Nicht genügend oder Krankheit) soll eine Schulstufe wiederholt werden.

"Wunderbar", sagt Grünen-Bildungssprecher Dieter Brosz. Das "antiquierte Modell" des Repetierens gehöre abgeschafft. Auch die SPÖ begrüßt den Vorschlag, der für Bildungssprecher Erwin Niederwieser aber nur eine reduzierte Form des Ideals (Gesamtschule "ohne Kästchen", stärkere Individualisierung und damit kein klassisches Wiederholen einer Klasse) ist. Die FPÖ will den Aufstieg mit zwei Fünfern an das Erreichen des Bildungsziels bei der Wiederholungsprüfung knüpfen. Die ÖVP ist gespalten: Bildungssprecher Werner Amon unterstützt den Vorschlag, Gehrer ist skeptisch.

[] Ganztagsbetreuung: Die Zukunftskommission fordert, dass Eltern gesetzlichen Anspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz für ihr Kind haben. Dies bringe auch "mehr Chancengleichheit".

Die Grünen wollen eine verpflichtende Ganztagsbetreuung. Bei Freiwilligkeit funktioniere das pädagogische Konzept dahinter nicht mehr. Auch für SP-Bildungssprecher Erwin Niederwieser ist "die echte Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht" die "pädagogisch überlegene Schulform". Die FPÖ will hingegen auf Freiwilligkeit setzen. Die steirische ÖVP verfolgt mit ihrer "steirischen Tagesschule" dieses Konzept, auf Bundesebene legen sich die Schwarzen aber noch nicht fest.

[] Lehrerbestellung: Das Reformkonzept sieht vor, dass Schulen ihre Lehrer künftig selbst aussuchen und wieder kündigen können.

Die Grünen sind bei einem objektivierten Bestellungsverfahren dafür, die SPÖ ist gespalten: "Diese Meinung teile ich persönlich, ich glaube aber, dass die SPÖ noch nicht so weit ist", sagt Niederwieser. FP-Bildungssprecherin Mares Rossmann bleibt vage: Man wolle "die Schulautonomie stärken". Bildungsministerin Elisabeth Gehrer ist gegen "Lehrerjahrmärkte". Die Schulpartner sollen zwar mitreden, Entscheidungen fällt aber der Landesschulrat. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. Dezember 2004)