Wien - In zwei Punkten enttäuschen Katja und Werner Nussbaumer ihr Publikum: Bei aller Liebe zur Bim-Authentizität, werden ihre Sessel prinzipiell ohne fossile Kaugummis an der Unterseite ausgeliefert. Und auch jene Öffi-Aficionados, die sich einen Straßenbahnsitz ohne darunter montierten (unausschaltbaren) Popschgriller nicht vorstellen können, gehen leer aus.

Aber so wirklich, betonen die Vorarlbergerin und der Wiener, die unter dem aus ihren Vornamen zusammengesetzten Namen "WerK" Möbel aller Art bauen, habe sich noch kein Interessent beschwert - im Gegenteil: Seit die beiden die (noch) omnipräsenten Straßenbahnsitzschalen und -rückenlehen als Grundelement ihrer Sessel entdeckten, reißen sich die Interessenten um die limitierten 100 Stück der ersten Auflage.

Derzeit können die Sessel im MAK öffentlich "besessen" werden. Drei hat das MAK für seine ständige Sammlung angekauft. Und ab Mitte Jänner richten WerK das Möbeltest-und Verkaufscafé "das Möbel" im Tram-Stil aus: Neben den Einsitzern wird es Doppelbänke geben - und auch an Bim-Sitz-Barhockern wird in der WerK-Werkstatt in der Kenyongasse heftig gearbeitet.

Der Schalentraum

Die Idee, sich mit den unverwüstlichen Schalen aus kunstharzvergütetem Pressholzbuchenschälfurnier zu befassen, lag nahe. Vielleicht zu nahe, schmunzelt Werner Nussbaumer: "Ich habe immer davon geträumt, einen Sessel rund um eine bestehende Sitzschale zu entwerfen." Irgendwann gingen ihm dann in der Straßenbahn die Augen auf.

Freilich, erinnert sich Katja Nussbaumer, war es ein weiter Weg bis zu den ersten Prototypen: Die Demontage der ersten Schalen am Schrottplatz war sowohl bürokratisch als auch handwerklich nicht einfach - und auch bis die nun "gültige" Gestellform gefunden war, verging Zeit: Ein reiner Freischwinger hätte zu sehr an Bauhausmöbel erinnert, ein starrer Sessel wäre ein bisserl fad gewesen. Und so sind Nussbaumers sichtlich stolz auf die von ihnen entwickelte Mischform eines federenden Sitzes auf Stahlrohrfüßen.

Bim-Nostalgiker, betonen die beiden, "sind wir aber keine, wir wollten einfach einen schönen, funktionalen und bequemen Sessel bauen". Damit auch ein bisserl Denkmalschutz zu betreiben, nähmen sie aber gerne in Kauf: "Die Wiener Linien rüsten ja sukzessive auf neue Straßenbahnen um. Die Sessel werden also irgendwann verschwunden sein - und damit ein Stück Wien, das für ganze Generationen das Stadtbild geprägt hat." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.12.2004)