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Undatiertes Archivbild des Wirtschafts-
Nobelpreisträgers Friedrich August von Hayek

Foto: APA/Holz-Schwarz
Wien - Am 10. Dezember 2004 jährte sich zum 30. Mal der Tag der Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften an den gebürtigen Österreicher Friedrich August von Hayek. Im Dezember 1974 erhielt Hayek - laut Reisepass seit 1938 Engländer - gemeinsam mit dem Schweden Gunnar Myrdal den Wirtschafts-Nobelpreis für "bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie und den tiefgründigen Analysen der wechselseitigen Abhängigkeit von wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Verhältnissen", so damals die Begründung des Nobelpreiskomitees.

Der am 8. Mai 1899 in Wien geborene Hayek wird zu den führenden Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts und den wichtigsten Proponenten des Neoliberalismus gezählt. Seine Theorien und Bücher haben seit den Achtziger Jahren die Wirtschaftspolitik des US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und der britischen Premierministerin Margaret Thatcher maßgeblich beeinflusst. In Österreich hat die im Februar 2000 angetretene schwarz-blaue Regierungskoalition Hayek neu entdeckt. Namentlich Finanzminister Karl-Heinz Grasser bekennt sich zum Ziel einer offensiven Konjunkturpolitik durch Strukturverbesserungen nach der Wiener Schule der Nationalökonomie (Hayek, Schumpeter, Böhm-Bawerk) - mit den Zielen weniger Staat, mehr Privatisierung und mehr Freiheiten für die Wirtschaft.

Studium und Habilitation

Hayek wurde als Sohn einer Wiener Industriellenfamilie geboren, die sich ihren Adelstitel durch Verdienste um die Industrialisierung Österreichs erworben hatte. In Wien studierte er Jus und Staatswissenschaften. Als sein wichtigster Lehrer und späterer Freund wird der Nationalökonom Ludwig von Mises angesehen, der die Tradition der "Österreichischen Schule der Nationalökonomie" nach Carl Menger, Eugen Böhm-Bawerk und Friedrich Wieser vertrat. Nach seiner Promotion 1921 und 1925 geht Hayek für zwei Jahre in die USA, danach leitet er bis 1931 das Österreichische Institut für Konjunkturforschung. 1929 habilitierte er als Privatdozent für Nationalökonomie und Statistik an der Universität Wien.

Mit 32 Jahren ging Hayek als Professor an die hochangesehene "London School of Economics". Sein wissenschaftlicher Ruf gründete sich auf zwei seiner Werke: "Geldtheorie und Konjunkturtheorie" (Wien 1929) und "Prices and Production" (London 1931). Es waren Arbeiten, die vor allem für die Entwicklung der Konjunkturtheorie und der Kapitaltheorie von grundlegender Bedeutung waren.

Monetäre Konjunkturtheorie

Auf dem Gedankengut der österreichischen Schule der Nationalökonomie aufbauend, entwickelte Hayek eine Variante der monetären Konjunkturtheorie, die von der einseitig monetären Erklärung der Konjunkturschwankungen, wie sie damals in England gepflegt wurde, abrückte und unter den Konjunkturursachen auch realen (güterwirtschaftlichen) Faktoren Platz einräumte. Hayek hat damit den Weg zur Lehre zur sogenannten synthetischen, polykausalen Schichtenlehre der Konjunkturursachen freigemacht, die heute als einzige Konjunkturerklärung vorherrscht. In den dreißiger Jahren war seine Konjunkturtheorie Gegenstand heftiger Diskussionen.

Von 1950 bis 1962 lehrte Hayek an der Universität Chicago, ab 1962 an der Universität Freiburg/Breisgau, wo er 1968 emeritierte. Neben zahlreichen anderen Gastprofessuren wurde Hayek 1970 als Gastprofessor an die Universität Salzburg berufen. "Enttäuscht von Österreich" und klagend über den "wiederholt erlebten Forschungsbürokratismus, Belästigungen und fehlender Unterstützung", kehrte er 1977 Salzburg den Rücken, um sich wieder in Freiburg niederzulassen. Dort verstarb er am 23. März 1992.

Individuelle Freiheit durch spontane Ordnungen

Hayek stellt in seinen mehr als 50 Büchern den Markt als komplexes soziales Phänomen dar und wies auf die Verstreutheit des Wissens in der Welt hin. Er war überzeugt, dass spontane Ordnungen individuelle Freiheit ermöglichten und warnte in seinem 1944 erschienen Werk "The Road to Serfdom" - der Weg zur Knechtschaft - vor den Gefahren wirtschaftlicher und sozialer Planung, die nach seiner Meinung unausweichlich in den Totalitarismus führten.

Neben seinen Beiträgen zur traditionellen Geld-, Preis-, Konjunktur- oder Wettbewerbstheorie befasste sich Hayek unter anderem mit wissenschaftshistorischen, erkenntnistheoretischen, rechtssoziologischen und sozialwissenschaftlichen Fragen, nahm aber auch Stellung zu biologischen und physiologischen Problemen. Dabei ragte Hayek über den Status eines begabten Dilettanten weit hinaus. In mehreren Disziplinen trug er zum Erkenntnisgewinn bei. So berief sich Popper mehrfach auf Hayek, etwa auf dessen Nachweis, dass es sinnlos sei, gegen wissenschaftliche Untersuchungen des Menschen den Einwand des "Anthropozentrismus" zu erheben, oder auf Hayeks Feststellung, dass Messinstrumente zwangsläufig komplexere Strukturen haben müssten als das, was sie messen sollten. (APA)