Wien - Elfriede Jelinek prangert die Frauenmorde an der US-mexikanischen Grenze an. Im Rahmen einer vom Österreichischen Kulturforum Mexiko im Vorfeld der Nobelpreisverleihung veranstalteten zweitägigen Hommage an Jelinek richtete die Schriftstellerin eine Videobotschaft an das Publikum, in der sie die Lage der Frauen in Mexiko am Beispiel der bis heute nicht aufgeklärten Frauenmorde in der Grenzstadt Ciudad Juárez kritisierte.

Angesichts der Tatsache, dass junge Frauen aus der Arbeiterklasse, die versucht hätten, sich durch Arbeit ein besseres Leben zu schaffen, entlang der Grenze zwischen den USA und Mexiko "hingemordet wurden, hingemetzelt wurden auf grausamste Weise, wirklich wie Dreck, wie Abfall hingeworfen worden" seien, forderte Jelinek eine Aufwertung der Frau und ihrer Arbeit innerhalb der mexikanischen Gesellschaft, die eine "sehr patriarchalische" sei. Das Video wurde vom österreichischen Filmemacher Fridolin Schönwiese und Kameramann Johannes Hammel produziert.

Problem der Übersetzung

Jelinek reflektiert darin auch über das Problem der Übersetzungen ihrer Werke in andere Sprachen. Das von ihr entwickelte sprachkompositorische Verfahren arbeite mit dem Klang und mit der Lautlichkeit des österreichischen Deutsch. "Ich versuche, die Sprache zu zwingen, oft gegen ihren Willen, ihren ideologischen Inhalt preiszugeben. Das geht oft in den billigsten Kalauer, in das platteste Wortspiel hinein. Deshalb ist es eigentlich fast unmöglich, dies in eine andere Kultur, eine andere Sprache zu übersetzen. Ich bin eine provinzielle Autorin, in dem Sinn, dass das eben nie gelingen kann." Ein Übersetzer etwa ins Spanische müsse jedenfalls ein perfekt Spanisch sprechender Österreicher oder eine Österreicherin sein, die dann mit einem Muttersprachler zusammenarbeitet, so Jelinek.

Zweitägige Ehrung

Die Feier für Jelinek fand am 8. und 9. Dezember im mexikanischen Nationaltheater Palacio de Bellas Artes und im staatlichen mexikanischen Filminstitut, der Cineteca Nacional, in Mexico City statt. Die zweitägige Ehrung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem mexikanischen Kulturministerium Conaculta-Inba, der Cineteca Nacional, dem Goethe-Institut Mexiko sowie dem Verlag RandomHouse-Mondadori, der bisher zwei Jelinek-Romane ("Die Klavierspielerin", "Die Ausgesperrten") auf Spanisch verlegte.

Programm

Auf dem Programm stand unter anderem eine Diskussion im bis auf den letzten Platz gefüllten Palacio de Bellas Artes über die literarische und gesellschaftliche Bedeutung Jelineks, die in Mexiko als "escitora inconfomista" (nonkonformistische Schirftstellerin) bekannt ist. TeilnehmerInnen waren der mexikanische Schriftsteller José María Pérez Gay, die mexikanische Erfolgsautorin Cristina Rivera Garza, der österreichische Literaturwissenschafter Herwig Weber sowie die österreichische Jelinek-Expertin Konstanze Fliedl von der Universität Salzburg. Außerdem wurden in einer zweisprachigen Lesung mit Christine Hüttinger und der mexikanischen Schauspielerin Patricia Reyes Spíndola Auszüge aus dem Roman "Die Klavierspielerin" von Jelinek vorgestellt und der gleichnamige Film ("La Pianista") des österreichischen Regisseurs Michael Haneke gezeigt. (APA)