Zu weicher Kurs gegen den Iran?
Grund für das Vorgehen sei, dass zahlreiche Mitglieder der US-Regierung ElBaradei einen zu weichen Kurs gegenüber Teheran vorwerfen würden, schreibt die "Washington Post". Die abgehörten Gespräche hätten keine Anhaltspunkte auf ein Fehlverhalten ergeben.
Die USA betrieben eine "organisierte Kampagne" gegen den IAEO-Generaldirektor, berichtet das Blatt weiter. Washington will demnach eine dritte Amtszeit für ElBaradei im Jahr 2005 verhindern. Die USA hätten keinen eigenen Kandidaten, suchten aber nach Wegen, den IAEO-Chef zum Rücktritt zu bewegen.
Die USA werfen dem Iran vor, an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Sie fordern die IAEO deshalb auf, das Land vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen. ElBaradei hingegen vertritt den Standpunkt, es sei bisher nicht erwiesen, ob es sich um ein ziviles oder ein militärisches Programm handle.
IAEO-Sprecher nicht überrascht
Die IAEO ist laut dem Bericht der "Washington Post" über die angeblich abgehörten Gespräche von IAEO-Generaldirektor Mohamed ElBaradei nicht überrascht. "Wir haben immer angenommen, dass Derartiges passiert", sagte IAEO-Sprecher Mark Gwozdecky gegenüber der Zeitung. "Wir würden uns wünschen, dass es anders wäre, aber wir sind uns der Realität bewusst".
Der ägyptische Diplomat ElBaradei steht seit Dezember 1997 an der Spitze der Organisation. Seine Amtszeit wurde im September 2001 um vier Jahre verlängert. Mehrere Länder haben den Generaldirektor gebeten, für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung zu stehen.
Sollten die USA eine Ablöse ElBaradeis anstreben, müssten sie bei der 2005 stattfindenden Abstimmung mehr als ein Drittel der 35 Mitglieder im IAEO-Vorstand davon überzeugen, gegen eine Verlängerung von El Baradeis Mandat zu votieren, berichtete die "Washington Post".
Der Generaldirektor wird vom Vorstand mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Vor Mohamed ElBaradei diente der schwedische Diplomat Hans Blix 16 Jahre lang, von 1981 bis 1997, als IAEO-Chef.
El Baradei: Iran keine unmittelbare atomare Bedrohung
Am Sonntag sagte El Baradei in einem Interview mit der spanischen Zeitung "El Pais" (Sonntag-Ausgabe), die Zusammenarbeit mit dem Iran sei gut. Es würde keine "unmittelbare atomare Bedrohung" von dem Land ausgehen. Bis 2003 habe der Iran versucht, Dinge zu verbergen. Seitdem habe die Regierung den Inspektoren aber den Zugang zu allen von der IAEO beantragten Einrichtungen erlaubt. Die Inspektion einer großen militärischen Anlage stehe noch aus.
"Wir haben keine konkreten Beweise, dass der Iran sein Nuklear-Programm in Richtung Atomwaffen-Produktion gelenkt hat", sagte ElBaradei. Der Iran und andere Länder seien in dieser Hinsicht "latente Staaten".