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Gruppenbild mit fotografierter Nobelpreisträgerin: Abschluss des Burg-"Fests für Elfriede Jelinek"

Foto: APA/Reinhard Werner/Burgtheater
Wien - Wer am Freitagabend ab 18.30 Uhr im Akademietheater Das Werk sah, hernach in der Burg bis 23.00 Uhr das Fest für Elfriede Jelinek mitfeierte, um schließlich auf einer Video-Wall vor dem Theater noch einmal Jelineks Lesung der Nobelpreisrede Im Abseits zu verfolgen - dem wurde einmal mehr bestätigt:

Nicht umsonst fordert die Dichterin von Regisseuren und Interpreten einen radikal persönlichen Zugang ("Tun Sie einfach, was Sie für richtig halten!"). Denn die manchmal ins Festprogramm Einzug haltende statuarische Huldigung (projizierte Fotos einer Grande Dame, perfekt rezitierte Texte) erweckte eher den Eindruck eines Nachrufs zu Lebzeiten bzw. jenes Unbehagen angesichts eines "leeren Raums", das auch Jelinek in Essays beschwört.

Das Werk hingegen, diese fulminante Inszenierung eines Alpenarbeits-Sprachpanoramas von Nicolas Stemann, erweckte bereits Vorfreude auf die nächste Jelinek-Annäherung des Regisseurs, die im Frühjahr über die steilen Textflanken des Kriegstexts Babel erfolgen wird. Und die Vorfreude steigerte sich noch, als Stemann im Rahmen des Festes mit einem etwas anderen Männergesangsverein (Philipp Hauß, Thomas Kürstner, Sebastian Vogel) Klappentexte und Kritiken zu Lust gnadenlos melancholisch in die Kultur des deutschen Protestlieds überführte.

Überhaupt: Die besten Fest-Momente dieses Abends waren immer die radikal subjektiv gestalteten: Wenn Olga Neuwirth mit Thomas Musil aufziehbare Blechspielzeuge zu improvisierten Elektro-Samples und Thereminklängen tanzen ließ; wenn man per Video wieder Einar Schleefs Sportstück-Auftritt sah; wenn ein Kind aus dem Off eine literarische Modenschau von Lisa D. mit der Frage kommentierte: "Was heißt ,Bild der Frau', Mama?" - da sah man: Das Jelinek'sche Universum ist eines, in dem die höchsten Leistungen mit den jämmerlichsten Gesten einhergehen und in dem nicht selten Meisterschaft eine Frage verunsicherter Überreiztheit wird.

Insofern war schließlich Gert Jonke mit einer offenkundig in allerletzter Minute verfassten Ballade in Endreimen, geordnet nach den Vokalen A, E, I, O, U der Weltmeister des (noch) Unfertigen: Irgendwann zerstreute sich sein Sprach-Klang-Gesangs-Vortrag in eine Form zerstreut-behutsamen Innehaltens - und dann gratulierte er einfach.

Christoph Schlingensief schließlich antwortete mit der Offenlegung seiner Regiekonzepte - "Picken, Packen, Pocken, Kacken" - polemisch all jenen (auch in der Burg), die Bambiland als Jelinek-Lesart nicht akzeptieren mochten. "Das Theater ist am Ende", so Schlingensief - und was es jetzt ganz sicher nicht brauche, seien Schauspieler, die in drittklassigem Boulevard im richtigen Moment die richtige, vorbestimmte Geste machen. Man darf davon ausgehen, dass Jelinek mit dieser Haltung sympathisiert. (Claus Philipp/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13. 12. 2004)