Wien - Während der Nachfolger nach seiner Angelobung am Samstag alle Hände voll zu tun hatte, sich rasch mit dem neuen Ressorts vertraut zu machen, inszenierte der Vorgänger seinen Abgang öffentlich als Start in das wiedergewonnene Privatleben: Die hastige Einsetzung von Günter Platter als Innenminister, der damit erster "Doppelminister" der schwarz-blauen Regierung wurde, ging beinahe im Wirbel unter, den Ernst Strasser nach seinem kurzen Abschied aus der Politik veranstaltete.

Ob am Sonntagmorgen als Gast in Claudia Stöckls "Frühstück bei mir" auf Ö3 im ORF-Radio oder am Abend im Fernsehen ("Offen gesagt"): Strasser, der vergangenen Freitag nicht mehr auf der Regierungsbank im Parlament Platz nehmen wollte, genoss seinen Abgang als Bad in der Öffentlichkeit. Dabei hinterließ er nicht den Eindruck, als wäre sein abschließender Schritt von großen Zweifeln an der Richtigkeit seiner Politik bestimmt gewesen. Vielmehr plauderte er sich charmant in den Status des Privatiers, der sich in einer sechsmonatigen Nachdenkpause auf eine Herausforderung in der Privatwirtschaft vorbereiten wird - freilich ohne zu sagen, worin die konkret bestehen wird. Ob in der Voest, bei Raiffeisen oder seinem ehemaligen Arbeitgeber Umdasch - Strasser überhörte diese Fragen geflissentlich und erzählte stattdessen lieber, dass er sich ein Auto angeschafft habe, ein Saxofon soll folgen, und dass er im alten Büro noch persönliche Andenken abholen wolle, ehe diese Tür endgültig geschlossen wird.

Mit seinen politischen Mitstreitern und Gegnern ging der Exinnenminister nachträglich milde um. Über Wolfgang Schüssel - kein böses Wort, mit dem Kanzler sei er nicht erst am vorletzten Tag seiner Amtszeit "im Gespräch" über sein Ausscheiden gewesen. Zum kritischen Nachruf des ehemaligen Generals der Wiener Sicherheitswache, Franz Schnabl, ein förmliches Versöhnungsangebot: Wenn Schnabl etwas Gutes über ihn zu sagen gehabt hätte, hätte er, Strasser, etwas falsch gemacht: "Das ist normal, das soll man ihm nicht verübeln."

Während also Strasser sehr bemüht war, sich als mit sich selbst im Reinen darzustellen, konnte Nachfolger Platter vom ersten Tag an keine Schonzeit in Anspruch nehmen. Bereits bei seiner Angelobung betonte Bundespräsident Heinz Fischer, die Verfassung lasse bloß "ausnahmsweise" die Doppelfunktion Verteidigungs- und Innenminister zu. Ob das politisch klug sei, wollte Fischer ausdrücklich nicht bewerten. Das erledigte für ihn, neben der Opposition, auch der Koalitionspartner der ÖVP: Der Anspruch der FPÖ auf das Innenministerium wird hier immer lauter formuliert. Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider fand, dass Uwe Scheuch ein "hervorragender Innenminister" wäre - abgesehen natürlich von seiner eigenen Person. Und die niederösterreichische ÖVP signalisierte, auch noch ein Wort mitreden zu wollen. (Samo Kobenter, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 13.12.2004)