Neue Lage: 30 Tage - vorläufig. Bis Mitte Jänner 2005 wird Verteidigungsminister Günther Platter – nach dem kurzfristigen Befehl von Schüssel - nun auch als Innenminister antreten. Außer Frage steht dabei, dass das Gesetz eine derartige Zusammenlegung von Militär- und Justizgewalt vorübergehend erlaubt. Eine Frage bleibt jedoch: Warum eigentlich Platter?

Der Verteidigungsminister wäre zur Zeit mit der Misshandlungs-Affäre beim Bundesheer mehr als beschäftigt. Auf den ersten Blick hat Platter in dieser Causa gut reagiert, indem er rasch durchgegriffen und auch weitere Untersuchungen angeordnet hat. Dass der "Zielkatalog 2004" des Bundesheeres Geiselnahmen als Trainingsmethode beinhaltet, wirft jedoch die Frage nach der Verantwortlichkeit des Ministers auf. Ebenso die Vorfälle in Landeck, wo Platters Schwager zwar in die Missbrauchs-Vorfälle verwickelt war, aber im Gegensatz zu anderen Soldaten nicht suspendiert wurde. "Wer, wenn nicht der zuständige Minister sollte verantwortlich sein?", sollte sich Schüssel fragen, anstatt Platter unverdientermaßen zum Doppelminister zu befördern.

Auch die vom Bundeskanzler vorgebrachten Empfehlungen sprechen nicht für einen "Superminister" Platter. Er habe viele Jahre lang als Gendarmeriebeamter erfolgreich gearbeitet und kenne daher aus nächster Nähe das Sicherheitsbedürfnis der Menschen und die Erfordernisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innenministerium. Folgt man dieser Logik, so müsste Schüssel Bildungministerin Elisabeth Gehrer, die schließlich nur zwei Jahre an einer Volksschule unterrichtet hat, nicht gerade als die Idealbesetzung für ihr Ressort betrachten. Aber zurück zu Platter: Wie steht’s eigentlich mit dessen Erfahrungen in der Asylpolitik, die Strasser als Scherbenhaufen hinterließ? Dazu schwieg der Kanzler.

Wenn Strasser Schüssel tatsächlich angeboten hat, noch eine Weile im Amt zu bleiben, um eine geordnete Übergabe an seinen Nachfolger zu ermöglichen, warum dann diese 30 Tage Übergangs-Doppelminister? Die einzige Erklärung: Schüssel führt ein politisches Ablenkungsmanöver vom Misshandlungs-Skandal im Verteidigungsressort durch, welches ihm gleichzeitig ein wenig Weihnachtsfrieden für den Machtkampf um das Innenressort schaffen soll. Diese Aktion bringt aber weder das Verteidigungs- noch das Innenministerium weiter. Und auch ein fixer Wechsel von Platter vom Verteidigungsministerium in das Innenministerium würde keine "geordnete Übergabe" darstellen. Vor einer endgültigen Klärung des Misshandlungs-Skandals entsteht durch eine solche Rochade der Eindruck, dass sich nach Strasser nun auch Platter aus der Verantwortung stiehlt.