Im Aufsehen erregenden Prozess gegen die einstigen Stars am Neuen Markt, die EM.TV-Gründer Thomas und Florian Haffa, verkündet der Bundesgerichtshof an diesem Donnerstag sein Urteil. In der Revisionsverhandlung forderten die Verteidiger am Dienstag in Karlsruhe, die Verurteilung der Haffa-Brüder zu Geldstrafen in Millionenhöhe aufzuheben. Das Landgericht München I habe in seiner Entscheidung vom April 2003 den Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt, sagte der Frankfurter Anwalt Rainer Hamm. Die Bundesanwaltschaft beantragte die Verwerfung der Revision.

Verstoß gegen das Aktiengesetz

Das Landgericht hatte die einstigen EM.TV-Chefs eines Verstoßes gegen das Aktiengesetz für schuldig befunden, weil sie wissentlich falsche Umsatzzahlen veröffentlicht und damit den Aktienkurs nach oben getrieben hätten. Sie wurden zu Geldstrafen von 1,2 Mio. Euro beziehungsweise 240.000 Euro (jeweils 240 Tagessätze) verurteilt. Thomas Haffa, der wie sein Bruder zur BGH-Verhandlung gekommen war, sagte am Dienstag, für ihn sei "schwer nachvollziehbar, was wir in München erleben durften".

In der Ad-Hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 haben die Angeklagten dem Urteil zufolge zum einen einen 60-Millionen-DM-Vertrag (knapp 30,7 Millionen Euro) mit der Kirch-Gruppe für das erste Halbjahr 2000 verbucht, obwohl er erst im zweiten Halbjahr geschlossen worden sei. Zudem sei der EM-TV-Einstieg in die Formel 1 für das gesamte Halbjahr und nicht - wie bilanzrechtlich vorgesehen - erst vom Zeitpunkt des Erwerbs im Mai 2000 an in der Mitteilung ausgewiesen worden.

"Freie Wahl, welche Ordnungswidrigkeit wir bevorzugen"

Hamm beanstandete, das Landgericht habe in Gesprächen hinter den Kulissen zu erkennen gegeben, die Angeklagten sollten lediglich wegen einer Ordnungswidrigkeit zu einer Geldstrafe verurteilt werden. "Wir hatten sozusagen die freie Wahl, welche Ordnungswidrigkeit wir bevorzugen." Als sie sich nicht auf einen "Deal" eingelassen hätten, habe das Gericht die Angeklagten überraschend doch einer Straftat nach Paragraf 400 Aktiengesetz für schuldig befunden. Wenn die - an sich zulässigen - Gespräche über eine Beendigung des Verfahrens so weit gediehen seien, dann hätte das Landgericht nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Verteidiger rechtzeitig auf seinen Meinungswechsel hinweisen müssen, monierte der Anwalt.

Sein Düsseldorfer Kollege Sven Thomas wandte sich zudem gegen die Anwendung des Paragraf 400 auf diesen Fall. Denn dort sei von einer unrichtigen Darstellung des "Vermögensstands" die Rede. In der fraglichen Mitteilung seien nur Zahlen zu Gewinn und Verlust, nicht aber zum Vermögen enthalten gewesen. Der 1. BGH-Strafsenat ließ deutliche Zweifel an dieser Position erkennen.

Der Münchner Haffa-Prozess galt als eines der wichtigsten Verfahren bei der juristischen Aufarbeitung der Skandale am Neuen Markt. Durch den dramatischen Verfall der anfangs in Schwindel erregende Höhen gestiegenen EM.TV-Aktie hatten zahlreiche Anleger viel Geld verloren. (APA)