Lipponen sagte gegenüber der APA, die EU könne den damals getroffenen Beschluss nicht zurücknehmen, andernfalls würde dies bei einer großen Nation wie der Türkei "negative Konsequenzen" nach sich ziehen: "Es ist nicht möglich, nach Helsinki 1999 unsere Haltung zu ändern. Wir haben es versprochen. Ich habe während des Gipfels aus Helsinki einen Brief an Bülent Ecevit geschickt, dass wir keine Sonderbedingungen von der Türkei verlangen, sondern die selben Bedingungen, Kriterien."
Der mittlerweile 80-jährige, pensionierte Ecevit setzte sich nach der Nachricht Lipponens über den Beschluss der EU-Staats- und Regierungschef, der Türkei Beitrittswerberstatus zu gewähren, mit seinem Außenminister Ismail Cem kurzfristig ins Flugzeug nach Finnland. Am 11. Dezember 1999 wurde in Helsinki das Abkommen über den Kandidatenstatus der Türkei mit der EU unterzeichnet.
Wortlaut
Die APA bringt im Folgenden eine Übersetzung jenes Schreibens vom 10. Dezember 1999. Der ursprünglich auf Englisch verfasste Brief ist nicht öffentlich zugänglich. Der folgende Text beruht daher auf einer türkischen Fassung, die in finnischer Übersetzung von "Helsingin Sanomat" Mitte Oktober veröffentlicht wurde.
"Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Die Europäische Union hat heute ein neues Kapitel in ihren Beziehungen mit der Türkei begonnen. Es ist mir eine Freude, Ihnen unseren Beschluss mitteilen zu können, wonach wir der Türkei den Status eines Beitrittswerbers zu den selben Konditionen anbieten, die auch für die anderen Bewerberländer festgelegt wurden.
Als im EU-Rat der Textvorschlag (der Zusammenfassung des Gipfels) diskutiert wurde, hielt ich fest, dass zum 12. Punkt der Kopenhagener Kriterien keine Ergänzungen gemacht wurden und unter Hinweis auf die Punkte 4 und 9a, dass es sich nicht um Kriterien für die Vollmitgliedschaft handelt, sondern dass diese dem politischen Dialog unterliegen. Dagegen wurden keine Einwände erhoben.
Bei der in Punkt 4 genannten Jahreszahl 2004 handelt es sich nicht um ein Datum, nach dessen Verfall Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag erhoben werden kann. Der EU-Rat nimmt sich lediglich vor, dann jene Fragen aufs Neue einer Prüfung zu unterziehen, die bis dahin nicht entschieden sind.