Scheuch: "Nicht das Vokabular - egal welcher Gattung - sollte über Wahlen entscheiden."

foto: standard/cremer
Teil elf der Serie "Politik und Kommunikation": FPÖ-Generalsekretär Uwe Scheuch nimmt zur Kommunikation der FPÖ Stellung. Er will seine Partei dabei durch "einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Wörter" wie "Umvolkung" oder "ordentliche Beschäftigungspolitik" nicht ins rechtsextreme Eck stellen lassen. Im E-Mail-Verkehr mit Rainer Schüller übt Scheuch ein wenig Kritik an der Kommunikation der ÖVP, lobt die Arbeit von Jörg Haider und ist stolz auf seine bäuerlichen Wurzeln.

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derStandard.at: Die FPÖ wusste offenbar nichts vom Rücktritt von Innenminister Strasser. Wieso kommuniziert die ÖVP nicht mit ihrem Koalitionspartner? Was werden die Konsequenzen von Seiten der FPÖ sein?

Scheuch: Personalentscheidungen sind Hoheitsentscheidungen der jeweiligen Regierungspartei. Wir lassen uns bei unseren Personalentscheidungen auch nicht hineinreden. Es wäre allerdings wünschenswert gewesen, wenn uns der Bundeskanzler früher informiert hätte.

derStandard.at: Nach dem Strasser-Rücktritt wollte Hubert Gorbach das Innenressort im Gegensatz zum Rest der Partei nicht für die FPÖ fordern. Redet der Vizekanzler dem Bundeskanzler eigentlich immer nach dem Mund? Wie findet das die restliche Partei?

Scheuch: Die Frage ist nicht, wer in unserer Partei das Ressort fordert und wer es annehmen würde. Als Generalsekretär bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass die FPÖ die Sicherheitspartei schlecht hin ist, und dass wir dieses Ressort gerne übernehmen würden. Die schnelle Entscheidung von BK Schüssel zeigt jedoch ganz klar, dass er sich vor einer Diskussion rund um einen starken freiheitlichen Innenminister fürchtet.

derStandard.at: Ihr Parteikollege Max Walch wollte oder konnte uns im Interview zu dieser Serie nicht verraten, wie sehr innerhalb der FPÖ der Ton von Jörg Haider angegeben wird, und ob sich dabei in der letzten Zeit etwas verändert hat. Können Sie uns weiterhelfen?

Scheuch: LH Jörg Haider war und ist sicherlich einer der bedeutendsten Politiker der FPÖ. Seine Meinung und seine Mitarbeit sind natürlich auch in der Bundespartei sehr wichtig und gern gehört. Seine Mehrheit in Kärnten und seine tollen Umfragewerte zeigen klar auf, dass Politik, wie er sie macht, von den Menschen akzeptiert wird. Ich bin davon überzeugt, dass die Freiheitliche Partei nur unter der engen Mitwirkung von Jörg Haider wieder zu ihrer alten Stärke zurückkehren kann. Als Generalsekretär dieser Bewegung kann man sich eine möglichst enge Zusammenarbeit mit LH Haider nur wünschen.

derStandard.at: Wie würden Sie die Kommunikation der anderen Parteien im Schulnotensystem bewerten?

Scheuch: Kommunikation kann man nicht auf eine Person oder Institution beschränken. Es ist ein dauerndes Wechselspiel vieler Beteiligter zwischen Frage und Antwort, nicht nur die simple Weitergabe von Informationen. Da die Medien eine immer stärkere Färbung dieser Information vornehmen, ist eine objektive Bewertung meiner Meinung nach nur anlassbezogen, nicht aber generell möglich. Abgesehen davon steht mir eine Bewertung der anderen Parteien nicht zu, da sie sicherlich subjektiv ausfallen würde. Verbesserungspotenzial ist aber jedenfalls überall vorhanden.

derStandard.at: "Für manche Teile der FPÖ ist 'rechtspopulistisch' eigentlich ein viel zu freundliches Wort, wenn man sich manche Aussagen, Aktionen oder Texte vor Augen führt, wäre 'rechtsextrem' fast angebrachter.", meinte SJÖ-Vorsitzender Dvorak kürzlich in einem derStandard.at-Interview. Wie sehen Sie das?

Scheuch: Sie werden verstehen, dass ich die mehr als überflüssigen und schwer linksideologischen Aussagen von Herrn Dvorak nicht kommentieren möchte. Dieser Herr soll sich zuerst einmal öffentlichen Wahlen stellen und dann beweisen, was er kann. Ich halte es für zutiefst verwerflich, wenn man im 21. Jahrhundert mit Ausgrenzungspolitik und geistigen Scheuklappen ausgestattet versucht, politisches Kleingeld zu sammeln!

derStandard.at: "Ordentliche Beschäftigungspolitik", "Unsere Ehre heißt Treue", "Ostküste", "Umvolkung": Warum verwendet die FPÖ ein derartiges NS-Vokabular?

Scheuch: Ich möchte hier ein für alle mal klarstellen, dass dies erstens nicht das Vokabular der FPÖ ist und zweitens würde ich Sie wirklich bitten, endlich einmal damit aufzuhören, eine demokratisch gewählte Partei, die Teil der Österreichischen Bundesregierung ist, ständig ins rechtsextreme Eck zu stellen!

derStandard.at: Diese Aussagen stammen aber von FPÖ-Politikern, warum ist das dann nicht das Vokabular der FPÖ?

Scheuch: Ich glaube nicht, dass es im Interesse eines konstruktiven politischen Klimas zielführend ist, einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Wörter zur zentralen Frage der Innenpolitik zu machen.

derStandard.at: Stellt die FPÖ sich durch Verwendung solcher Aussagen nicht selbst in ein rechtsextremes Eck?

Scheuch: Die FPÖ steht nicht im rechtsextremen Eck, und wir lassen uns auch von niemanden dorthinstellen.

derStandard.at: Noch einmal: Warum wurde ein derartiges Vokabular verwendet?

Scheuch: Als Generalsekretär bin ich für die Partei als Gesamtes zuständig. Es ist nicht meine Aufgabe, einzelne Wortmeldungen, welche aus der Vergangenheit und aus dem Zusammenhang gerissen werden, hier zu verteidigen.

derStandard.at: Können Sie als für die Kommunikation zuständiger Generalsekretär garantieren, dass solche Sager künftig nicht mehr vorkommen?

Scheuch: Meine Aufgabe ist es nicht, Garantien abzugeben, sondern die FPÖ wieder auf den Erfolgsweg zurück zu führen.

derStandard.at: Sollten sie doch vorkommen: Welche Konsequenzen hätten solche Sager für den jeweilen FPÖ-Politiker?

Scheuch: Mit "hätt`i, tät`i" sind in der Realpolitik keine Rennen zu gewinnen! Es ist nicht meine Art, Konjunktivpolitik zu betreiben.

derStandard.at: Wie sehr hängt der Kommunikationsstil der FPÖ mit der Pflege der Wählerstimmen aus dem "dritten Lager", das von Mölzer, Stadler und Co. immer beschworen wird, zusammen?

Scheuch: Wir sind eine nach allen Seiten offene Bewegung, die stets versucht, die Sorgen, Wünsche und Anregungen der Wählerinnen und Wähler politisch umzusetzen.

derStandard.at: Denken Sie, dass die FPÖ mehr Stimmen dazugewinnen könnte, würde sie auf derartiges Vokabular verzichten?

Scheuch: Nicht das Vokabular - egal welcher Gattung - sollte über Wahlen entscheiden. Es wäre vielmehr wünschenswert, wenn die Menschen und damit verbunden ihre Ideen und Visionen die Wählerstimmen bekommen würden.

derStandard.at: Auf Ihrer Homepage präsentieren Sie sich als "Mölltaler Bauer, der auszog, um seine Heimat zum Besseren zu verändern". Wo liegt der Unterschied in der Kommunikation des Bauern und des Politikers Uwe Scheuch?

Scheuch: Ich bin stolz auf meine bäuerlichen Wurzeln, da ich davon überzeugt bin, dass der Bauernstand - ähnlich wie viele andere Berufsgruppen - ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Gesellschaft ist. Große Unterschiede zwischen der Arbeit eines Landwirtes und der eines Politikers sehe ich nicht. Denn in Wirklichkeit sind beide nicht immer einfach und oft ungedankt. Doch schlussendlich ist sowohl der eine als auch der andere ein toller Beruf, in dem man vieles verändern und oft auch mitgestalten kann.

derStandard.at: Sie tragen gerne Tracht. Was wollen Sie damit kommunizieren?

Scheuch: Nachdem ich Tracht mindestens gleich gerne trage wie einen dunklen Anzug oder auch Jeans, werden Sie erkennen, dass ich damit nichts besondere kommunizieren möchte. Nichts desto trotz ist meine Tracht für mich natürlich auch ein klares Bekenntnis zu meiner Heimat und zu meinen Kärntner Wurzeln.

derStandard.at: "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold": Was halten Sie von diesem Sprichwort?

Scheuch: Dieses Sprichwort hat etwas für sich, aber ich glaube, dass es sehr stark auf die Situation ankommt. Einerseits ist weniger oft mehr und die eine oder Situation erfordert ein dementsprechendes Maß an Ruhe. Andererseits arbeite ich im Parlament und "parlare" heißt ja bekanntlicherweise reden, oder?