Bundeskanzler Wolfgang Schüssel lässt sich mit der Suche nach seinem neuen Verteidigungs- oder Innenminister offensichtlich Zeit - aus mehreren Gründen. Erstens füllen Personalspekulationen die Seiten der Zeitungen und machen darüber den stockenden Reformmotor vergessen. Zweitens liegt es Schüssel sehr daran, das Image des bewährten Teams zu wahren. Hektische Nachfolgersuche macht sich da nicht so gut. Und drittens braucht Schüssel die Zeit tatsächlich, denn vor ihm steht eine selten schwierige Personalentscheidung.

Allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz hat Schüssels Mannschaft viel von ihrer Strahlkraft verloren. Sie wirkt abgenutzt - nicht allein aufgrund des realen und politischen Alters der Akteure. Kaum einer hat weniger als ein Jahrzehnt in der Spitzenpolitik verbracht. Fast alle sind mit dem Nimbus des in die Jahre gekommenen Berufspolitikers behaftet.

Am deutlichsten wird das bei Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, die im Wahljahr 2006 rüstige 64 wird und trotz Misserfolgs elf Jahre lang das politische Zukunftsfeld schlechthin administrieren durfte. Aber auch eine glücklose Gesundheitsministerin (14 Jahre Dienstzeit im schwarzen Projekt) bildet nicht jenes Personalangebot, das Lust auf eine dritte Periode made by Schüssel macht. Selbst die neue starke Frau an seiner Seite, Außenministerin Ursula Plassnik, wirkt derzeit bloß hölzern.

Das Bild einer modernen Volkspartei nicht nur rhetorisch, sondern auch persönlich verkörpern kann derzeit eigentlich nur Umweltminister Josef Pröll. Ihm wird im kommenden Wahljahr somit jene Rolle zufallen, die Finanzminister Karl- Heinz Grasser zuletzt spielen durfte: als lebende politische Frischzellenkur für ein Team, das machtbewährt, aber vor allem Macht bewahrend ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2004)