Bukarest/Berlin - Die EU-Beitrittsverhandlungen mit Rumänien sind am Dienstag beim Außenministerrat in Brüssel offiziell abgeschlossen worden. Mehrere Monate nach Bulgarien erfüllte damit auch das größere der beiden Beitrittsländer die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt am 1. Jänner 2007. Allerdings hat der neu gewählte rumänische Präsident Traian Basescu von der oppositionellen Mitte-Rechts-Allianz Demokratie und Wahrheit (D.A.) nicht ausgeschlossen, dass eine von seiner Partei gestellte Regierung die Neuverhandlung einiger Kapitel fordern werde.

Die "technischen" Aspekte des 31 Kapitel umfassenden Verhandlungsprozesses der EU mit Rumänien waren schon Mitte der vergangenen Woche restlos geklärt worden waren. Bei dem bevorstehenden Europäischen Rat in Brüssel werden die Mitgliedstaaten voraussichtlich die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags für beide Länder, die der so genannten "fünften Erweiterungswelle der EU" angehören, im April oder Mai 2005 beschließen.

Verhandlungen auf Knien

Am Brüsseler Gipfel wird neben dem scheidenden rumänischen Präsidenten Ion Iliescu auch der gewählte Staatschef Basescu teilnehmen. Er sorgte schon Anfang der Woche für großen Wirbel, als er in einem Interview für die BBC erklärte, Rumänien könnte die Neuverhandlung der Kapitel "Energie" und "Wettbewerb" verlangen. Basescu warf dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Adrian Nastase vor, die Verhandlungen mit der Europäischen Union "auf den Knien" geführt zu haben, ohne die Bedürfnisse Rumäniens in Betracht zu ziehen und ohne die Bevölkerung über die wahren Kosten der Integration zu informieren. Basescu hatte sich am Sonntag bei der Präsidentenwahl knapp gegen Nastase durchgesetzt.

EU-Vertreter warnten Basescu davor, das Paket wieder aufzuschnüren, da das Verhandlungsergebnis dann schlechter ausfällen würde. "Vom Standpunkt der Kommission wäre ich geneigt, den Vorschlag von Herrn Basescu aufzunehmen, da wir das Ergebnis der Verhandlungen ursprünglich als zu großzügig gegenüber Rumänien eingeschätzt haben. Ehrlich gesagt, glaube ich aber nicht, dass es irgendeinen Grund gibt, die Verhandlungen neu aufzurollen", sagte Erweiterungskommissar Ollie Rehn. Der Finne hatte sich in der vergangenen Woche mit dem seiner Meinung nach voreiligen Abschluss der Verhandlungen mit Rumänien unzufrieden gezeigt.

Härteste Bedingungen

Insbesondere die großen EU-Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien hatten sich für den baldigen Abschluss der Verhandlungen und die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens 2007 eingesetzt, da sie dieses Kapitel der Erweiterung abgehakt sehen möchten, um sich den schwierigeren Problemen Türkei und Westbalkan widmen zu können.

Was Rumänien anbelangt, so sind die von Brüssel gestellten Bedingungen die härtesten überhaupt unter allen bisherigen Beitrittskandidaten. Für beide Beitrittsländer gilt die so genannte Sicherheitsklausel, die bei Nicht-Umsetzung der eingegangenen Verpflichtungen die Verschiebung des Beitritts um bis zu ein Jahr vorsieht. Bei Rumänien kann diese Sicherheitsklausel von den 25 EU-Staaten mit einer Zweidrittelmehrheit in Kraft gesetzt werden, während im Falle Bulgariens ein einstimmiges Votum nötig ist.

Außerdem steht Rumänien in den Kapiteln "Wettbewerb" sowie "Justiz und Inneres" unter besonderer Beobachtung der EU. Im Wettbewerbsbereich hatte sich die Frage staatlicher Subventionen als großes Hindernis erweisen. Rumänien musste sich verpflichten, die Stahlproduktion zu drosseln und die Subventionen für die Hüttenindustrie auf maximal 13 Mio. Euro zu reduzieren. Das Land hat aus kommunistischer Zeit eine überdimensionierte Stahl- und Hüttenindustrie geerbt, mit nicht weniger als sechs großen Standorten im Land.

Im Bereich "Inneres und Justiz" hat sich Rumänien verpflichtet, alle Informationen betreffend die Vergabe des Auftrags für die Sicherung der Grenzen an das Luftfahrtunternehmen EADS offen zu legen und die Modernisierung im Bereich des Grenzschutzes zügig voranzutreiben. Die Bekämpfung der Korruption und die Reform der Justiz sind weitere Bereiche, die sich in den nächsten zwei Jahren einer erhöhten Aufmerksamkeit seitens der EU erfreuen werden.

Was die finanziellen Zuwendungen für Rumänien anbelangt, so soll das Land zwischen 2007-2009 von der EU insgesamt 10,6 Milliarden Euro an Struktur- und Agrarsubventionen erhalten. (APA)