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Prof. Gerhard Strejcek: "Gleiches Wahlrecht ist für die ÖH-Wahl nicht verpflichtend"

Foto: APA/Halada
Das neue ÖH-Gesetz, das vergangene Woche im Nationalrat beschlossen wurde, weckt jetzt die Aufmerksamkeit der Juristen. Prof. Christian Brünner, Verfassungsexperte an der Uni Graz, sieht das gleiche Wahlrecht verletzt: "Durch Mehrfachinskription ist es fast ins Belieben des Wahlberechtigen gestellt, sein Stimmgewicht zu mehren".

Ein Mensch, mehrere Stimmen

Durch die Änderungen im Hochschülerschaftsgesetz können Studierende, die an mehreren Universitäten inskribiert sind, an jeder Uni ihre Universitätsvertretung wählen. Durch den indirekten Wahlmodus gehen nun deren Stimmen mehrfach in die Wahl der Bundesvertretung ein. Diese Tatsache verstößt gegen den demokratischen Grundsatz des gleichen Wahlrechts: Ein Mensch, eine Stimme.

Keine Grundlage

Dass die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in der Missachtung des gleichen Wahlrechtes besteht, bezweifelt Gerhard Strejcek, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Wien. "Die Verfassung sieht nirgends vor, dass der Grundsatz der gleichen Wahl auch bei beruflichen oder vorberuflichen Vertretungen gilt", so Strejcek. Das Bundesverfassungsgesetz ordnet die gleiche Wahl unter anderem für die Nationalratswahlen an, nicht aber für HSG-Wahlen.

Wenig Chancen

Die Hochschülerschaft ist keine berufliche Vertretung wie beispielsweise die Arbeiterkammer, sondern eine "vorberufliche" Vertretung. Ihr Wahlrecht ist einfachgesetzlich zu regeln, der Gesetzgeber kann also, wenn er will, einen bestimmten Wahlmodus normieren. Im neuen HSG ist das Prinzip der gleichen Wahl nicht vorgesehen. "Daher sehe ich eher wenig Chancen, die Verfassungswidrigkeit mit der Nichteinhaltung des gleichen Wahlrechts zu begründen", meint Strejcek.

Sachlich und Verhältnismäßig

Dass das neue Hochschülerschaftsgesetz verfassungsrechtliche Mängel hat, glaubt er aber trotzdem. "Am ehesten kann ich mir vorstellen, dass es unter Bezugnahme auf die Missachtung des Sachlichkeitsgrundsatzes fällt". Bei einer Sachlichkeitsprüfung versucht der VfGH herauszufinden, ob eine vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge "an sich" auf einem vernünftigen Grund beruht, außerdem wird auch geprüft, ob die vorgesehene Rechtsfolge in ihrer Intensität in einem ausgewogenen Verhältnis zum relevanten Sachverhalt steht. Diese Abwägung könnte beim Hochschülerschaftsgesetz zu Gunsten einer Aufhebung ausgehen.

Mögliche Konsequenzen

Wenn es zu einer Beschwerde beim VfGH kommen sollte, stehen dafür verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Mit einem Drittelantrag könnte sich die Opposition noch vor den Wahlen im Mai an die Verfassungsrichter wenden, die Chancen, dass die Entscheidung über das Gesetz noch in der März-Session des VfGh fallen würde, sieht Strejcek als groß an.

Wenn es zu keiner Beschwerde durch die Oppositionsparteien kommt, bleibt immer noch die Möglichkeit einer Anfechtung nach den Wahlen. Würde das Gesetz dann zur Gänze aufgehoben, wäre mit einer neuen Wahl aufgrund der veränderten Rechtslage zu rechnen. (az)