Hamburg - Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) hat bei den Ermittlungen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 keine Hinweise darauf gefunden, dass die Taten in Hamburg geplant worden. "Konkrete Ermittlungsergebnisse, dass Anschläge geplant worden sind, haben wir nicht gefunden", sagte ein führender BKA-Fahnder am Mittwoch im Prozess gegen den terrorverdächtigen Marokkaner Mounir el Motassadeq vor dem Hamburger Landgericht. Seine Aussage stützt Einschätzungen der Geheimdienste, wonach die Anschläge nicht in Hamburg, sondern in Afghanistan geplant wurden.

Der Fahnder hatte die Ermittlungen gegen Motassadeq geleitet. Er berichtete über die ersten polizeilichen Vernehmungen des Studenten. Damals habe der Angeklagte in vielen Fällen Aussagen gemacht, die später von Zeugen widerlegt worden seien. "Er hat erzählt, dass er die anderen nur aus der Moschee und von gemeinsamen Essen gekannt habe, es seien oberflächliche Bekannte gewesen", sagte Polizist Jörg K. Später hätten andere Zeugen ausgesagt, dass Motassadeq zum Beispiel mit den Todespiloten Mohammed Atta und Marwan Al Shehhi eng befreundet gewesen sei.

Auch andere Spuren hätten die enge Verbindung zwischen Motassadeq und den späteren Terroristen belegt: Im Keller der Motassadeq-Wohnung wurden Unterlagen von Atta gefunden, Motassadeq hatte eine Kontovollmacht von Al Shehhi und in einem Fall 5.000 Mark (rund 2.500 Euro) von dessen Konto an den Drahtzieher der Anschläge, Ramzi Binalshibh überwiesen.

Auch eine mehr als zwei Monate lange Reise von Motassadeq nach Pakistan und Afghanistan beschäftigte die Ermittler: Motassadeq sagte bei der Polizei aus, er sei in der Zeit in Pakistan im Urlaub gewesen. Zeugenaussagen ergaben, dass der Angeklagte aber tatsächlich in einem Terrorcamp in Afghanistan war. Im ersten Prozess hatte Motassadeq den Besuch im Terrorcamp bereits eingeräumt. Im laufenden Prozess macht er bisher keine Aussage.

Enge Verbindungen hatte Motassadeq auch in die Wohnung Marienstraße 54, wo Atta, Al Shehhi und Binalshibh gewohnt hatten. Dort habe Motassadeq zum "feststehenden Personenkreis um Atta herum" gehört.

Die deutsche Bundesanwaltschaft wirft dem 30 Jahre alten Elektronikstudenten Motassadeq Beihilfe zum Mord in mehr als 3.000 Fällen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Er war 2003 vom Oberlandesgericht Hamburg zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies es nach Hamburg zurück. Die Bundesanwaltschaft ist der Ansicht, Motassadeq habe die Attentäter um Atta unterstützt. Das Hamburger Gericht hat die Untersuchungshaft gegen Motassadeq aufgehoben. (APA/AP)