Tony Ourslers Video für "Don't Trust Anyone Over Thirty", Performance-Rockoper.

Foto: Scarlett Hooft Graafland
Miami - Wie viele Köche braucht es, um den Brei zu verderben? Kann man sich fragen. Jedenfalls erwies sich die "Weltpremiere" des neu beauftragten und unter anderem mithilfe von Thyssen-Bornemisza Art Contemporary neu produzierten "Entertainments" von Dan Graham, Tony Oursler, Rodney Graham und Paul McCarthy, Don't Trust Anyone Over 30 , im Rahmen der Kunstmesse Art Basel Miami Beach (2.-5. Dezember) als verdorbene Weichspeise.

Das eher unfröhliche organisatorische Chaos drumherum half auch nicht gerade auf das Fahrrad. Und Dan Graham meinte, das Ganze sei "in progress" und hätte etwas mit der "Teenage-Revolution" zu tun, weil Mr. Graham selbst noch bis vor etwa sechs Jahren glaubte, er sei ein Teenager.

Aha: Teenage-Revolution! Wann war das nochmal, dieses Hirngespinst? Dieses wiederbelebte "Entertainment" aus den frühen 70er-Jahren gab sich als uralt-multimedial und trashig, mutete den Ohren hörnervschädigende Lautstärken zu, sowohl aus dem Lautsprecher für die Tonkonserven wie aus den Amps der Zweimannband (die immerhin kompetent Musik machte), verwuselte die Handlung dadurch, dass mal Marionetten mit sichtbaren Beinen der Drahtzieher und damit mit durchbrochener szenischer Illusion alleine, mal parallel zur eher nervigen Videoprojektion agierten.

Handlung: mau! Irgendwo in Amerika eine kommunardisch wirkende Rockband von damals, als man noch und so weiter, und irgendwie tritt dann ein junger Politiker auf, der das Wahlalter auf 18 senken will, und irgendwie wird dann erst einer der Rockstars mit 24 Präsident der USA. Später sogar ein Kind.

Und immer verschiebt sich die Misstrauensgrenze. Man sprach allerdings viel von diesem "Entertainment" auf der Messe in Miami, und fand es gar köstlich unterhaltsam. Nun, wenn man schon bereit ist zu lachen, wenn eine Marionette, eine sexy Blondine (Ex-Schönheitskönigin) darstellend, einer anderen Marionette, einen farbigen Fünfzehnjährigen repräsentierend, hm, erlaubt, mit ihr "freundlich" zu werden, dann konnte man vielleicht lachen, hin und auch wieder.

Aber der wesentliche Eindruck war, dass da ein paar mittlerweile trotz allem viel zu alte Männer schenkelklopfend und zugekifft versuchten, mit ungeeigneten Mitteln und satten Kreativitätsdefiziten irgendwas aus einer nebulösen Vergangenheit heraufzubeschwören, das nun wirklich besser dort geblieben wäre. Heiliger Frank Zappa, erlöse uns! Die Wien-Premiere findet am 3. Juni im Museumsquartier statt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.12.2004)