Gezupft und gestrafft wird ab jetzt wöchentlich bei ATV+: US-Erfolgsserie "Nip/Tuck" ist angelaufen.
Foto: Standard/Pro7
Am Mittwoch startete auf ATV+ die US-Schönheitschirurgenserie "Nip/Tuck", eine bitterböse Satire auf alle Klischees der Branche. Doris Priesching schaute mit dem plastischen Chirurgen Franz Dirnberger die erste Folge. Vorweg: Der Mediziner hat Tränen gelacht.
***

Wien - Natürlich schreibt das Leben die besseren Drehbücher: Einmal kam ein junger Mann in die Praxis des Wiener Schönheitschirurgen Franz Dirnberger: "Er wollte aussehen wie Alexander der Große." Ein Schwede "mit sanften Gesichtszügen" ließ sein Gesicht völlig ummodeln, um seinem Idol ähnlich zu sein. Ob der Patient jetzt zufrieden ist, darüber ist nichts bekannt.

ATV+ zeigt ab 15. Dezember, jeweils 21.10 Uhr, 13 Folgen der US-Schönheitschirurgenserie "Nip/Tuck": Eine bitterböse Satire auf alle Klischees der Branche. DER STANDARD lud Dirnberger als Mann vom Fach zum Qualitätstest.

Antipoden

In "Nip/Tuck" (zu deutsch: Zupfen/Straffen) führen zwei Freunde in Miami eine Gemeinschaftspraxis für plastische Chirurgie. Der eine, Sean (Dylan Walsh), ist bieder und ein braver Familienmensch. Der andere, Christian (Julian McMahon), ein gerissener Geschäftsmann mit einträglichen Kontakten zu Modelagenturen und Pornoproduzenten. Er schleppt Frauen ab, mäkelt an ihnen herum und macht sie so zu zahlungskräftigen Kundinnen.

Die Zuschauerin/den Zuschauer erwartet Deftiges: Pobackenimplantate etwa. Dirnberger zuckt natürlich mit keiner Wimper, obwohl die Schnitte des Skalpells überdeutlich zu sehen sind, flinke Chirurgenhände ordentlich zulangen. Blut spritzt zu "Painted Black" von den Rolling Stones: "Eine Nase blutet schon stark", sagt Dirnberger.

Neues Gesicht

Der Nächste verlangt 300.000 Dollar für eine neue Identität. "Völlig unrealistisch", urteilt Dirnberger. Er meint die Summe, die "viel zu hoch" gegriffen und mit rund 30.000 Dollar zu veranschlagen sei. Verbrecher, die sich ein neues Gesicht zulegen wollten, spielten in seinem Praxisalltag keine Rolle, erzählt er. Nur einmal sei er von der Polizei von solchen Absichten eines flüchtigen Ganoven informiert worden. Zum Kontakt kam es nie.

Dirnberger fürchtet jene mehr, die sich aus Unzufriedenheit komplett operieren lassen wollen: "Gefährliche Spinner, weil sie ein psychisches Problem haben." Selbiges gilt für Penisvergrößerungen - die lehnt Dirnberger grundsätzlich ab, brächten sie doch immer Ärger: "Sie müssen mit Klagen rechnen."

Boom überwunden

Den Boom an Schönheitsoperationen im TV, "von den Medien geweckt", sieht Dirnberger überwunden. Der misslungene deutsche Ableger "Beauty Queen" lief im ORF, Dirnberger kennt ihn: "Erbärmlich." Gehen die Geschäfte besser, seit das Fernsehen Schönheitsoperationen entdeckt hat? "Es wurde viel geredet, aber die Leute haben deshalb nicht mehr Geld."

Kein "Frauenverächter"

"Ich operiere meine Frau nicht an den Brüsten", empört sich der "gute" Chirurg Sean. Praktiker Dirnberger will kein Moralist "und Frauenverächter" sein: "Ich könnte mich nicht in eine hässliche Frau verlieben. Aber ich überlege beim Anblick einer Frau nicht, was ich ändern könnte." Sowohl Gattin als auch Mutter durften bereits seine Künste erfahren. Das Klischee des Frauen verschlingenden Schönheitschirurgen ist Dirnberger nicht fremd, auch er weiß von "erotischen Spannungen zwischen Arzt und Patient" zu berichten.

Unterhaltungswert

Die skurrilen Fälle in "Nip/ Tuck" sind angeblich echt, basieren auf authentischen Vorkommnissen. "Ein Stück über kulturelle Selbstverachtung", nannte das Autor und Produzent Ryan Murphy. "Das ist ja wohl zu blöd", resümiert Dirnberger. Als der böse Doktor in kriminelle Machenschaften schlittert und mit Botox zugespritzt wird, lacht er aber dann doch Tränen. Fachlich ist die Serie somit durchgefallen. Ihren Unterhaltungswert kann freilich auch Dirnberger nur schwer bestreiten. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 15.12. 2004)