Linz – Eine Chance für Linz, so bewertet die freie Kulturszene die Nominierung der oberösterreichischen Landeshauptstadt zur europäischen Kulturhauptstadt 2009. Allerdings vergisst Udo Danielczyk, Geschäftsführer der Kulturplattform Oberösterreich "Kupf", nicht auf das "aber". Die "Kupf" ist eine Interessenvertretung für mittlerweile 90 Kulturinitiativen aus verschiedenen Bereichen der Zeitkultur.
Bereits mit der Bewerbung von Linz als Kulturhauptstadt hat sie ein Positionspapier herausgeben: "Wir wollen keinen Großevent in Form eines einjährigen Feuerwerks, das ebenso schnell zerfällt, wie es aufleuchtet." Oder anders ausgedrückt: "Linz darf nur kein zweites Graz werden", so die einhellige Meinung der Kunsttreibenden in Linz.
Nachhaltigkeit wichtig
Ein besonderes Augenmerk müsse man vor allem auf die "Nachhaltigkeit" legen, ist der Geschäftsführer des Ars Electronica Centers (AEC), Gerfried Stocker, im Gespräch mit dem STANDARD überzeugt: "Graz hat den Fehler gemacht, nur das eigentliche Jahr der Kulturhauptstadt in den Fokus zu nehmen und danach kam sprichwörtlich die Sintflut", so Stocker. Für "Linz 2009" würden die künftigen Verträge alle bis zum Jahr 2010 laufen, um allein dadurch "schon eine gewisse Nachhaltigkeit zu schaffen".
Diese Nachhaltigkeit dürfe aber nicht durch "ökonomische Faktoren wie Umwegrentabilität, Stadtmarketing oder den verbesserten Wirtschaftsstandort" definiert werden. Dann bestehe nämlich die Gefahr, "dass gerade initiative, zeitgenössische Kulturarbeit im Schatten kostspieliger neuer Großbauten und bestehender Kulturpaläste verkümmert", warnt Danielczyk von der "Kupf". Unter Nachhaltigkeit verstehe er vielmehr, die freie Szene zu stärken, um ein kulturelles Stadtleben nicht nur zu erhalten, sondern auszubauen.
In Graz sei genau das Gegenteil eingetreten. Die Freischaffenden erhielten 2004 weniger Förderung, da zuvor alles Geld für Großprojekte wie Stadthalle, Kunsthaus oder List-Halle ausgegeben wurde. "Es war wahrscheinlich ein großer Fehler, nicht schon vier, fünf Jahre darüber nachzudenken, was nach dem Kulturhauptstadtjahr passiert", hat der Grazer Bürgermeister, Siegfried Nagl (VP), eingestanden.
Linz gehe mit eindeutig besseren Voraussetzungen in die Vorbereitungsphase als damals Graz. "Wir präsentieren uns mit einem eigenen Profil und haben bereits in den letzten Jahren den Weg von der Stahlstadt zur Medienhauptstadt erfolgreich gemeistert und dadurch ein gutes Fundament geschaffen", ist Stocker überzeugt. Jetzt müsse es gelingen, auf diesem Fundament ein "stabiles Kulturhauptstadtgebäude zu bauen". Dies dürfte aber angesichts der "guten Infrastruktur in Linz" kein Problem sein: "Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem gemeinsamen Weg aller Kulturschaffenden und der politisch Verantwortlichen", ist Stocker überzeugt.
Auch der Chef des Linzer O.K Centrum für Gegenwartskunst, Martin Sturm, sieht darin den "klaren Weg zum Erfolg". Linz habe in den letzten Jahren ein sehr engmaschiges Kulturnetz geknüpft: "Die Zusammenarbeit der einzelnen Einrichtungen war in den letzten Jahren das große Plus des kulturellen Lebens in Linz", ist Sturm überzeugt.
Entscheidend werde auch, so Sturm, die Wahl der beiden Intendanten sein. "Der künstlerische Leiter sollte unbedingt ein Nichtlinzer sein, um einen Blick von außen zu garantieren. Der Marketingleiter hingegen jemand, der das Kulturleben der Landeshauptstadt gut kennt." Was man sicher nicht brauche, sei "irgendein Showmann, der Linz 2009 nur als eigene Bühne nutzt", warnt der O.K-Direktor. Diese Gefahr sieht man auch im Linzer Theater Phönix: "Wir sind natürlich über Linz 2009 froh. Man darf aber auch gespannt sein, ob die politischen Lippenbekenntnisse halten und das Ganze nicht in einen Eventkulturbereich abgleitet", so Stefan Kurowski vom "Phönix". Es sei jetzt wichtig, dass alle Kultureinrichtungen mit den nötigen "finanziellen Mitteln ausgestattet werden". Derzeit erhalten die Freischaffenden vom Kulturbudget der Stadt Linz einen Anteil von 2,5 Prozent.