Istanbul - Hinter den Kulissen des EU-Gipfels in Brüssel ist es am Freitag offenbar heiß hergegangen: Mehrmals sei die türkische Delegation unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan im Verlauf nervenaufreibender Gespräche über die von der EU geforderte Anerkennung der griechischen Republik Zypern schon vom Verhandlungstisch aufgestanden, sagte der Vizechef von Erdogans Regierungspartei AKP, Dengir Mir Mehmet Firat, dem türkischen Fernsehsender Habertürk. "Dann haben wir uns wieder hingesetzt", sagte Firat.

"Wir haben sehr aufregende Momente erlebt", sagte Firat, der zur türkischen Delegation in Brüssel gehörte. "Es war sehr, sehr spannungsgeladen." Wie andere türkische Politiker in Brüssel zeigte sich Firat erleichtert darüber, dass am Ende eine Einigung erzielt wurde.

Erdogan hatte im Verlauf der Verhandlungen unter anderem mit einer vorzeitigen Abreise aus Brüssel gedroht. Laut Habertürk verließ Erdogan ein Gespräch mit dem EU-Ratsvorsitzenden und niederländischen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende mit den Worten, er könne den Bürgern in seinem Land die EU-Forderungen zum Thema Zypern nicht erklären. Auch Außenminister Abdullah Gül werde den Konferenzort verlassen, sagte Erdogan demnach. Anschließend sei der türkische Premier vom deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zum Bleiben überredet worden.

Luxemburg: "Wir sind hier nicht auf dem Teppichmarkt"

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn ist nach dem Ende des EU-Gipfels in Brüssel am Freitag hart mit der Verhandlungsführung der Türkei ins Gericht gegangen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe praktisch in letzter Minute auf "provozierende und aggressive" Art und Weise Forderungen in der Zypern-Frage angemeldet. Die 25 EU-Staaten seien "perplex" gewesen angesichts dieser Hartnäckigkeit.

Viele EU-Kollegen hätten daraufhin bemerkt, dass die Türkei noch viel zu lernen habe. "Wir sind hier in Europa nicht auf einem Teppichmarkt", sagte Asselborn. Luxemburg unterstütze einen EU-Beitritt der Türkei, aber das Vorgehen Erdogans sei nicht hinnehmbar. (APA/Red)