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Innenministerin Liese Prokop: "Ich war, genau wie mein Landeshauptmann, nicht sehr glücklich bei der Bildung der letzten Koalition."

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"Es gibt Grundhaltungen bei der FPÖ, da kann ich nicht mit", sagt Liese Prokop. Allerdings komme sie auch bei der ÖVP nicht immer mit. Loyal werde sie trotzdem sein, sagt sie zu Michael Völker.

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STANDARD: Wer hat mehr Einfluss auf Ihre Bestellung gehabt: Landeshauptmann Pröll oder Bundeskanzler Schüssel? Liese

Prokop: Da bin ich mir ganz sicher, dass es Schüssel war. Ich war ja beim ersten Gespräch zwischen den beiden nicht dabei, aber ich bin mir sicher, dass es der Kanzler war, weil der Erwin ist mit der Situation gar nicht so glücklich. Wir waren gar nicht vorbereitet.

STANDARD: Aber Pröll hat doch selbst gesagt, dass er da ein Wörtchen mitzureden hatte.

Prokop: Ja, natürlich. Aber er hat andere Vorstellungen gehabt, ab und an.

STANDARD: Sie sind jetzt 63. Wie lange wollen Sie dieses Amt ausführen? Können Sie sich vorstellen, über die jetzige Legislaturperiode hinaus noch einmal anzutreten, sollte das Wahlergebnis das überhaupt möglich machen?

Prokop: Bei den Gesprächen mit Bundeskanzler Schüssel hat er mich darauf angesprochen, dass er mit mir in Niederösterreich auch in den Wahlkampf gehen will. Ich nehme das als bare Münze. Ich habe schon etliche Wahlkämpfe gemacht, und ich mache das nicht ungern.

STANDARD: Sie sind ja schon Jahrzehnte in der Politik tätig. Woher nehmen Sie die Motivation, sich jetzt noch einmal so einer Aufgabe zu stellen?

Prokop: Die Politik hat mich nicht aufgerieben, das war das Schöne. Im Gegenteil, es ist immer wieder etwas Neues und Spannendes dazugekommen. Routine war immer tödlich, Routine war immer das Schlimmste. Aber das wird ja auch jetzt nicht der Fall sein, das wird ganz was anderes.

STANDARD: Haben Sie Erfahrungen, die Sie für das Innenministerium qualifizieren?

Prokop: Ja, gut. Das ist ein sensibler Bereich. Ich bin weder Gendarm noch Polizist gewesen, aber mit dem Asylbereich hatte ich schon einiges zu tun. Aber was qualifiziert mich, was qualifiziert jemanden? Bevor ich im Sozialbereich in Niederösterreich angefangen habe, habe ich auch nichts mit dem Sozialbereich zu tun gehabt. Heute, glaube ich, erzählt mir in ganz Österreich niemand mehr etwas über den Sozialbereich.

STANDARD: Sie haben gesagt, Sie kommen von der liberalen Sozialpolitik. Wie definieren Sie das, und was hat das für Auswirkungen auf die Asylpolitik?

Prokop: Schauen Sie, im Detail kann ich das jetzt noch gar nicht sagen, weil ich mich mit den Unterlagen noch nicht befasst habe. Ich werde es sehr intensiv und sehr schnell tun. Es ist auch mein Arbeitsziel, dass man dann sehr schnell in solche Dinge hineingeht. Aber grundsätzlich geht es mir zuerst immer um den Menschen, und da muss man sehr gut aufpassen, dass Menschen nicht in eine unlösbare Situation geraten. Das heißt aber auch, dort Hilfe geben, wo Hilfe notwendig ist. Aber ich bin radikal dafür - auch im Sozialbereich -, dass Missbräuche unterbunden werden, und dort, wo es verbrecherischen Missbrauch gibt, auch kräftige und ordentliche Maßnahmen gesetzt werden.

STANDARD: Die FPÖ fordert eine sofortige Abschiebung krimineller Asylwerber. Von Ihrem Vorgänger liegt ja ein ähnlicher Vorschlag auf dem Tisch. Wie werden Sie das halten?

Prokop: Die Vorschläge sind da, es gibt einige Einsprüche, es gibt neue Vorschläge dazu, und die werden wir im Detail anschauen. Es muss mit der Verfassung konform sein und in die europäischen Asylgesetze hineinpassen. Das muss halten und passen.

STANDARD: Werden Sie die Schubhaft ausbauen?

Prokop: Das kann ich jetzt nicht sagen. Sie fragen einen Sachen, das weiß ich jetzt noch nicht genau.

STANDARD: Was soll mit dem Flüchtlingslager Traiskirchen passieren?

Prokop: Das ist von Strasser in den letzten Monaten sehr gut bearbeitet worden. Es gibt eine sehr starke Reduzierung, es sind ja bereits weit weniger Flüchtlinge dort als früher. Man muss die Entlastung der Gemeinde in jeder Form vorantreiben, dass es für die Bevölkerung nicht extrem belastend ist. Aber wir brauchen ein Auffangheim. Traiskirchen wird als Flüchtlingsheim nicht aufgelöst werden.

STANDARD: Wie ist Ihr Verhältnis zur FPÖ?

Prokop: Ich kenne viele Personen und Politiker aus der FPÖ, die ich hoch schätze, mit denen ich auch sehr gut arbeiten kann. Es gibt aber natürlich auch Grundhaltungen bei der FPÖ, mit denen ich nicht mit kann. Aber die gibt 's auch bei der SPÖ, bei den Grünen. Und manchmal kann ich auch bei meiner eigenen Partei nicht mit. Ich war, genau wie mein Landeshauptmann, nicht sehr glücklich bei der Bildung der letzten Koalition. Ich war's auch beim ersten Mal nicht. In Niederösterreich haben wir eine gute Kooperation mit der SPÖ. Aber ich bin natürlich in der Regierung absolut loyal zum Bundeskanzler und somit auch zum Regierungspartner.

STANDARD: Vor Ihnen hat es kein Innenminister zu sonderlicher Beliebtheit geschafft. Es ist ein Ressort, wo man leicht unter Druck gerät. Man kann es schwer beiden Seiten recht machen. Schüssel hat gemeint, es ist kein sehr fröhliches Ressort.

Prokop: Ja, mein Gott. Es ist so. Das nehme ich für bare Münze. Sie haben das völlig richtig gesagt. Das sind keine schönen Dinge, da habe ich nichts zu verteilen. Es sind Dinge, die gemacht werden müssen. Die Frage der Sicherheit, ein Grundbedürfnis der Menschen, ist einfach so wichtig, dass ich auch glaube, man kann damit bei den Menschen auch punkten, wenn man es gut schafft. Allerdings, das ist ein weiter Weg. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2004)