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Wer sie nicht kennt, wie der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos, hält sie für eine Landespolitikerin, die eher in Pension geschickt gehört als in ein Ministeramt. Wer Liese Prokop aber kennt, wie der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, weiß ihre Verlässlichkeit und ihre Erfahrung in Regierungsfunktionen (immerhin 23 Jahre in der Landesregierung) zu schätzen.

Die unterschiedlichen Reaktionen auf die Designierung der Landesrätin für den Chefposten in der Wiener Herrengasse (einen Steinwurf von dort, wo zu Beginn ihrer Karriere der niederösterreichische Landtag tagte) waren für Prokop nicht ungewohnt. Als sie im Alter von 28 Jahren von Andreas Maurer an wählbare Stelle auf die Landtagsliste gesetzt wurde, war sie vor allem als Leichtathletin bekannt. Erst wenige Wochen vor der Wahl hatte sie in Athen die Fünfkampf-Europameisterschaft gewonnen und in der Südstadt einen Weltrekord aufgestellt - in der öffentlichen Wahrnehmung wie auch unter den männlichen Politkollegen galt sie damals eher als wählerwirksamer Aufputz denn als politische Ansage.

Das mit der Wählerwirksamkeit stimmte - und stimmte noch bei der Landtagswahl 2003: Es ist eben nützlich, als Sportlerin bekannt zu sein und auch noch einen medienwirksamen Ehemann zu haben. Im Jahr 1965 hat die Sportlerin Liese Sykora ihren Trainer Gunnar Prokop geheiratet - dieser ist immer noch als Handballtrainer erfolgreich. Das Ehepaar Prokop hat drei Kinder - und in der Familie gibt es mit Maria und Thomas Sykora noch weitere Spitzensportler.

Doch Prokop erwies sich bereits vor 35 Jahren als politischer Profi: In der Nachkriegszeit war ihr Vater Hans Sykora Bezirkshauptmann in Tulln gewesen - er galt als besonders geschickt im Verhandeln mit der russischen Besatzungsmacht. Prokops Weggefährten vermuten, dass sie so schon als Kind gelernt hat, mit Andersdenkenden umzugehen.

Auch hat sie durch den Vater die niederösterreichische Landesverwaltung (und den dominierenden Einfluss des ÖAAB) kennen gelernt. Konsequenterweise hat sie sich dann neben dem Sport- und Biologiestudium in der Österreichischen Jugendbewegung (der Vorgängerorganisation der Jungen ÖVP) engagiert.

Als Abgeordnete und ab 1981 als Regierungsmitglied galt sie als Stütze des ÖAAB und dessen Spitzenmann Siegfried Ludwig. 1992, als Ludwig dem Bauernbündler Erwin Pröll den Chefsessel in Landespartei und Landesregierung überlassen musste, war Prokop ein Signal der Kontinuität an die ÖAAB-Funktionäre: Sie wurde Landeshauptmannstellvertreterin und hielt in dieser Funktion - gestützt auf ein Team aus Beamten, denen sie traut und auf deren Rat sie hört - Pröll den Rücken frei. Er dankte es ihr mit ihrer Nominierung. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2004)