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San Marino - Der Spruch von der "Engelsstimme", der Arturo Toscanini zugeschrieben wurde, soll der Maestro in Richtung Renata Tebaldi so nie gesagt haben. Vielmehr hat er 1950 bei einer Scala-Aufführung von Verdis Te Deum den Klangeindruck erwecken wollen, als würde die Sopranstimme vom Himmel erschallen, weshalb er die junge Tebaldi hinter und über dem Chor postierte. So die Sopranistin einst selbst.

Hört man allerdings etwa Aufnahmen aus den 1950er-Jahren, auf denen sie Puc- cinis zerbrechliche Mimi in La Bohème sang, wird man dieser filigranen Stimme mit ihrer Intimität, delikaten Klangschönheit und Sicherheit den Rang des Besonderen nicht absprechen wollen und obigen Begriff als deskriptive Möglichkeit akzeptieren. Dieser mitunter an der Stille entlang schwebenden und doch präsenten Sängerin, die auch in der Höhe mit Dynamik spielte und auch im Forte Leichtigkeit zelebrierte, regelrecht aufblühte, ihr wohnte eben, wie allen Großen, ein Moment des nur schwer Beschreibbaren inne.

Tebaldi, 1922 in Pesaro geboren, war ab 1950 international präsent, 1955 stand sie zum ersten Mal in der New Yorker Metropolitan Opera auf der Bühne. Als Desdemona in Verdis Othello schaffte sie so den Durchbruch zum Weltstar. Die Met sollte ihr Stammhaus werden, Maria Callas ihre behauptete Konkurrentin.

Trotz stilistischer und technischer Unterschiede zwischen den Diven, die den Vergleich im Nachhinein als eher unsinnig erscheinen lassen, blieb diese Rivalität bis in die 1960er-Jahre ein Thema. Wobei die Callas, die 1951 einen Misserfolg in Rio de Janeiro auf eine Tebaldi-Intrige zurückführte, sicher die eindringlichere Bühnenpersönlichkeit war und sich bei Tebaldi das Gestalterische im Vokalen abspielte.

1973 zog sie sich von der Opernbühne zurück - sie wollte, wie sie meinte, in guter Erinnerung bleiben . . . Renata Tebaldi ist am Samstag im Alter von 82 Jahren in ihrem Haus in San Marino gestorben. (Ljubisa Tosic/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 12. 2004)