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Der frühere Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner, vor der Verurteilung

Foto: Reuters/GRIMM
Frankfurt/Berlin - Schuldig gesprochen, aber nicht bestraft, so lautete am Montag das Urteil in einem der spektakulärsten Prozesse der deutschen Rechtsgeschichte. Die Frankfurter Richterin Bärbel Stock verhängte im Prozess um die gegen den Entführer und Mörder Markus Gäfgen ausgesprochene Folterdrohung die mildeste Sanktion, die das deutsche Strafgesetzbuch vorsieht. In ihrer Urteilsbegründung sagte sie, Daschner und der mitangeklagte Polizist hätten das "ehrenwerte Motiv der Lebensrettung" des entführten Jakob von Metzler gehabt.

Gleichzeitig aber machte sie deutlich, dass die Würde des Menschen unantastbar sei und dies auch für Mörder gelte. So wurden Daschner und der Ermittlungsbeamte, der auf Anordnung von Daschner die Drohung ausgesprochen hatte, schuldig gesprochen - wegen Nötigung, weil es Folter als Tatbestand im deutschen Strafgesetzbuch gar nicht gibt.

Gäfgen hatte die Fahnder nach der Entführung des Millionärssohns im Oktober 2002 immer wieder auf falsche Spuren gelockt. Daschner hoffte, dass Gäfgen nach der Androhung von Schmerzen das Versteck des Buben preisgibt. Der Elfjährige war aber schon tot.

Daschner erhielt eine Geldstrafe von 10.800 Euro, der mitangeklagte Vernehmungsbeamte eine von 1200 Euro. Die deutlich unter dem Regelstrafrahmen von einem halben bis fünf Jahren Gefängnis liegende Strafe wurde für ein Jahr auf Bewährung ausgesetzt. Bereits die Staatsanwaltschaft hatte nur eine Geldstrafe gefordert.

Nicht vorbestraft

Damit sind weder Daschner noch der Polizist vorbestraft. Gegen beide läuft aber noch ein Disziplinarverfahren der Polizei. Bis dieses entschieden ist, sind sie vom Dienst suspendiert. Wegen des milden Urteils im Strafprozess wird damit gerechnet, dass auch keine disziplinarischen Strafen verhängt werden. Der 61-jährige Daschner gilt jedoch als gesundheitlich angeschlagen und wird vermutlich nicht mehr auf den exponierten Posten des Polizeivizepräsidenten zurückkehren.

Die Polizeigewerkschaft begrüßte die Entscheidung des Gerichts. "Das Urteil schafft Rechtssicherheit für die Polizei und hat die schwierige menschliche Konfliktsituation der Angeklagten berücksichtigt", sagte Gewerkschaftschef Konrad Freiberg. In der Bevölkerung wurde Daschners Verhalten zumeist unterstützt. Laut Umfragen war eine Mehrheit für einen Freispruch Daschners. (Alexandra Föderl-Schmid, Der Standard, Printausgabe, 21.12.2004)