Das Wörtchen "Zukunft" taucht dieser Tage gleich an mehreren Stellen in Wolfgang Schüssels politischem Projektfahrplan auf. Da ist einerseits der soeben gegründete "Zukunftsfonds", der mit einem schönen Brocken der im NS-Versöhnungsfonds übrig gebliebenen Mittel dotiert wird und im Außenamt beheimatet sein soll - somit in der politischen Reichweite des Kanzlers. Zum Auftakt für das Gedenkjahr 2005, das laut Schüssel eher zu einem "Gedankenjahr" werden soll, lädt die Volkspartei Anfang Jänner zu einer pompösen Festveranstaltung nach Graz. Motto des Happenings, erraten: "Land der Zukunft".

So viel Zukunft ist kein Zufall. Hier bastelt einer ganz eifrig am Mythos seiner eigenen Biografie. Auf Augenhöhe mit dem Sonnenkönig Bruno Kreisky, nicht als mickriger Wendekanzler, sondern als Persönlichkeit mit epochalem Anspruch, will Schüssel in seinen dritten Wahlkampf im Jahr 2006 gehen.

Zu seinem Plan gehört auch, den viel zitierten Schlussstrich in der Beschäftigung mit Österreichs Nazivergangenheit zu ziehen. Nicht von ungefähr soll der Zukunftsfonds den "thematischen Bogen von der Vergangenheitsbewältigung zur Aussöhnung für die Zukunft" spannen. Dass der Prozess der Vergangenheitsbewältigung noch lange nicht abgeschlossen sein kann, dass Versöhnung vielfach noch aussteht, dass jene 20 Millionen Euro, mit denen der Zukunftsfonds dotiert wird, im Nationalfonds vielleicht besser aufgehoben wären, weil sie dort den Opfern direkt zugute kommen, ist die eine Sache - in Schüssels Zukunftsmantra hat eine andere Priorität. Schließlich soll auch im Gedankenjahr 2005 vorwärts geblickt werden und nicht zurück. Heute ist morgen gestern, und übermorgen sollen Historiker sagen können: Das war das Schüssel-Jahrzehnt. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2004)