Wien – Das Schweizer Unternehmen Swatch hat nach Aussagen führender FIS-Funktionäre den Vertrag mit dem Internationalen Skiverband (FIS) gekündigt. Swatch bzw. deren Tochterfirma Swiss Timing hatten bisher Timing und Data in allen Sparten der FIS abgewickelt. Als Grund für den Ausstieg im Weltcup wurde angegeben, dass für Swatch die geforderte weltweite Exklusivität nicht mehr gegeben sei, nachdem der Österreichische Skiverband (ÖSV) zu Saisonbeginn einen eigenen Vertrag mit dem deutschen Unternehmen Siemens abgeschlossen hatte.

Machtkampf um die Zeitnehmung

Hintergrund des Rückzugs von Swatch ist ein Matchkampf zwischen der FIS und dem ÖSV im Bereich Zeitnehmung und Ergebniserstellung. Der Weltverband hat in einer Vorstandssitzung mit großer Mehrheit beschlossen, diese Dienste an Swatch zu vergeben und dem Schweizer Konzern dafür die Möglichkeit zur Werbung auf den TV-Schirmen (Einblendungen des Logos neben den Zeiten) zu bieten. Der ÖSV scherte jedoch aus und verkaufte Zeitnahme und Ergebniserstellung für die von ihm organisierten Rennen (Kitzbühel ist nicht betroffen) an Siemens. "Es ist ein großes Problem und ein Schock, dass Österreich sich nicht an Abmachungen hält", erklärte FIS-Präsident Gianfranco Kasper.

Die FIS ist nun gefordert, innerhalb kürzester Zeit einen Ersatzsponsor zu finden, der für Kosten von rund vier Millionen Euro in einer Rennsaison aufkommt. "Wir haben nun bei jedem Rennen andere Techniker, denen wir erst einmal sagen müssen, was sie zu tun haben", sagte Kurt Hoch, der österreichische Renndirektor der Damen am Dienstag in St. Moritz.

Schröcksnadel: "Nicht unser Problem"

ÖSV-Präsident und FIS-Vorstandsmitglied Peter Schröcksnadel, der stets den hohen Werbewert von Timing betont und Zeitnehmung als Angelegenheit des nationalen Verbandes betrachtet, fühlt sich nicht betroffen. "Das ist nicht unser Problem, das ist ein Problem der FIS und der ausländischen Organisatoren. Die österreichischen Rennen sind von der Zeitnehmung her gesichert", erklärte der Tiroler am Dienstag in Flachau. Bei den klassischen Weltcuprennen in Wengen und Kitzbühel sowie der Alpin-WM im Februar in Bormio wird Swatch laut Kasper weiterhin als Zeitnehmer fungieren.

Swatch-Chef Hayek kritisiert Kasper heftig

Swatch-Konzernchef Nick Hayek hat scharfe Kritik am FIS-Präsidenten Gianfranco Kasper geübt. Swatch habe vor über drei Jahren beantragt, neben der Datenverwertung auch in der Zeitmessung der Skirennen einen weltweiten Exklusivvertrag abzuschließen zu können. Die FIS sei aber nicht fähig gewesen, für die Zeitmessung einen Globalvertrag zu Stande zu bringen, sagte Hayek am Dienstag der Nachrichtenagentur sda.

Für Swatch "macht es keinen Sinn, wenn in jedem Rennen jemand anderes die Zeitmessung macht", erklärte Hayek. Qualität und Sicherheit der Datenerfassung und der Zeitmessung könnten so nicht gewährleistet werden. Es sei zu aufwändig, mit jedem Rennort oder jedem Landesverband selbst Verträge abzuschließen. FIS-Chef Kasper habe eine "extrem schwache Rolle" gespielt. Swatch habe schon vor der Saison mitgeteilt, dass der Konzern nicht mehr zur Verfügung stehe, wenn er nicht einen Exklusivvertrag erhalte.

Kasper wies die Kritik zurück

Kasper wies die Kritik zurück. Hayek sei realitätsfremd und kenne sich im Skisport zu wenig aus. "Wir werden nun andere Uhrenfirmen beiziehen", sagte Kasper. Von einem Machtkampf der FIS mit dem ÖSV wollte der FIS-Präsident nicht sprechen. "Klar, der ÖSV hat sich nicht an eine Abmachung gehalten. Aber ich bin nicht böse auf den ÖSV", betonte der Schweizer in einem Gespräch mit der APA. Vielmehr sieht Kasper nach dem ersten nicht-österreichischen Rennen ohne Zusammenarbeit mit Swatch (Damen-Super-G in St. Moritz) auch positive Folgen: "Man hat gesehen, dass auch andere Firmen als Swatch diese Sache bewerkstelligen können."

Kasper ist guter Dinge, dass ein Swatch-Nachfolger – rasch bekannt gegeben werden kann. Bei den Verhandlungen würden "andere Uhren- oder Technologiefirmen" im Vordergrund stehen.

Swatch wird sich nach jenen Rennen, für die noch ein Vertrag besteht (Wengen, Kitzbühel, Bormio), verabschieden. "Wir werden uns vom Verband FIS, der sehr schlecht geführt ist, zurückziehen. In der Privatwirtschaft wäre so ein Chef nicht mehr lange auf seinem Sessel", sagte Hayek. Offizieller Zeitmesser bleibt Swatch jedoch bei den Olympischen Spielen. Mit dem IOC hat der Konzern aus Biel einen Globalvertrag bis 2010.(APA)