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Gemütliche Bahnfahrt zweier Freunde: Wladimir Putin und Gerhard Schröder unterwegs in Norddeutschland.

Foto: Reuters/Charisius
Bei seinem Deutschland-Besuch machte Russlands Präsident Wladimir Putin überraschende Zugeständnisse. Er wolle mit der EU zur Lösung des Tschetschenien-Konflikts und mit dem Oppositionschef in der Ukraine kooperieren.

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Schleswig - Russland will seine Auslandsschulden in Milliardenhöhe vom kommenden Jahr an vorzeitig tilgen. Dies gab der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag nach Gesprächen mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder im norddeutschen Schleswig bekannt. "Russland ist bereit, diese Frage zu lösen", sagte Putin. Russland schuldet Deutschland rund 21 Milliarden Euro.

Einzelheiten dazu müssen laut Putin noch im Pariser Club der Gläubigerstaaten festgelegt werden. Er hatte schon zu Beginn der deutsch-russischen Regierungskonsultationen am Montagabend in Hamburg ein "großes Weihnachtsgeschenk" angedeutet.

Außenpolitisch zeigten Schröder und Putin demonstrative Einigkeit. Den Verkauf der zwangsversteigerten Yukos-Hauptfördergesellschaft Yukankneftegas verteidigte Putin als "rechtens". Er schloss nicht aus, dass bei einem Weiterverkauf die staatliche Gazprom zum Zug kommen könnte.

Überraschende Zugeständnisse

Putin war sichtlich bemüht, sich bei seinem Deutschland-Besuch von seiner besten Seite zu zeigen. Er plauderte auf Deutsch mit seinem Gastgeber, Bundeskanzler Gerhard Schröder, ging sogar auf kritische Zurufe von Demonstranten ein und machte überraschende Zugeständnisse an die EU-Staaten.

Zum Abschluss der deutsch-russischen Konsultationen auf Schloss Gottorf in Schleswig kündigte er eine Wende in der Tschetschenien- Politik an. "Wir haben genug Probleme, und wir sind gerne bereit, ganz offen mit unseren Partnern in Europa und Deutschland zusammenzuarbeiten." Schröder ergänzte, dass die deutsche Bundesregierung mit Moskau die Aufnahme eines Kaukasus-Dialogs vereinbart habe.

Demonstrationen

Putin ging dann auch direkt auf Kritiker ein. Die russische Delegation habe die Demonstranten mit einem Schild "Stoppt Krieg in Tschetschenien" sehr wohl wahrgenommen, sagte Putin.

An die Demonstranten gerichtet sagte er: "Sie können ruhig nach Hause gehen." Fast im gleichen Atemzug erklärte der russische Präsident jedoch: Anders als von Kritikern immer wieder behauptet, gebe es aber in Tschetschenien seit drei Jahren keinen Krieg mehr.

Diese Strategie, einerseits Entgegenkommen zu signalisieren, andererseits seine bisherige Position nicht ganz preiszugeben, verfolgte Putin dann auch beim Thema Ukraine.

Lob für Juschtschenko

Erstmals äußerte sich Putin positiv über den Oppositionskandidaten Viktor Juschtschenko, mit dem er zu dessen Amtszeit als Regierungschef "nicht schlecht zusammengearbeitet" habe. Gleichzeitig machte er sich wieder für seinen bisherigen Favoriten, den Moskau-treuen Viktor Janukowitsch, stark. "Wenn er gewinnt, sehe ich keine Probleme."

Es war dann am deutschen Gastgeber zu verkünden, er sei sich mit Putin einig, dass der Ausgang der Wahl auf jeden Fall akzeptiert werden müsse. "Niemand hat das Recht, sich einzumischen", so Schröder. Putin ergänzte: "Staatschefs kommen und gehen, aber das ukrainische Volk bleibt."

Mit diesem Auftritt hat Putin vor allem seinem Duzfreund Schröder genutzt, der auch von Parteifreunden und vom grünen Koalitionspartner dafür kritisiert worden war, dass er die Menschenrechtslage in Tschetschenien bisher nicht öffentlich angesprochen hatte. Auch für die Bezeichnung Putins als "lupenreinen Demokraten" hatte Schröder parteiübergreifend Unverständnis ausgelöst.

Nun will Schröder auch noch das Verhältnis zu den USA und zu Präsident George Bush verbessern. Bush wird Mitte Februar in Deutschland Station machen zwischen den Treffen mit der EU in Brüssel und dem Gipfel mit Putin in Bratislava, hieß es in deutschen Regierungskreisen. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2004)